Test - Scorpion: Disfigured : Plopp-Popp statt Ratter-Knatter
- PC
Ein Ego-Shooter ohne großes Budget? Kann das im Jahre 2009 überhaupt funktionieren? B-Cool Interactive hat es zumindest versucht und klotzt mit ganz vielen Features. Auch die Story mixt wild Elemente von Crysis bis Resident Evil zusammen. Bei so vielen Zutaten muss doch etwas Gescheites bei herauskommen ... oder?
Story auf dem Papier
Ja, es gibt eine Geschichte. Nein, sie ist keinen Meter interessant. Shamil bezeichnet sich selbst als "Pharao" und herrscht über Sarajewo. Berichten zufolge schreckt er nicht vor Menschenversuchen der widerlichsten Art zurück: Er infiziert unschuldige Zivilisten mit Viren, woraufhin diese zu sabbernden, geistlosen und willensschwachen Selbstmordattentätern mutieren. Das darf natürlich nicht sein, weshalb ihr mit einem dicken Kampfanzug anrückt, der ironischerweise ebenfalls eine Erfindung von Shamils Technikern sein soll.
Hört sich doch interessant an. Glaubt uns, es ist es nicht, weil ihr im Spiel selbst kaum was davon mitbekommt. Alle Jubeljahre blitzt mal eine Videonachricht auf, in der ihr oft nur das nächste Missionsziel erklärt bekommt. Selbst dies ist reiner Selbstzweck, denn abseits von Gegner erschießen, Levelausgang finden, Ventile drehen und Schlüssel suchen bietet Scorpion keine komplexeren Aufgaben.
Fähigkeiten in der Theorie
Dabei hätten sich die Designer ein paar richtig knuffige Rätsel ausdenken müssen, da euer Kampfanzug beinahe so funktionell wie ein Schweizer Taschenmesser ist: Er beinhaltet Bullet-Time, Energieschild, Nachtsicht und eine Hand voll PSI-Kräfte. Mit diesen wiederum könnt ihr euch beispielsweise heilen, Objekte zu euch heranziehen oder eine feindliche Einheit für kurze Zeit an eurer Seite kämpfen lassen. Allerdings sind die Effekte eher mickrig und kaum lohnenswert, weshalb ihr mit der Standardballertaktik letztendlich am besten fahrt.
Selbst rein aus Spaß an der Freude wollt ihr die Fähigkeiten nur widerwillig nutzen, denn die Steuerung ist ein halber Krampf. Für manche Features gibt es eigene Tasten, andere hingegen müsst ihr vorher ausrüsten. Dazu stehen euch drei Slots zur Verfügung, genau genommen drei für eure PSI-Kräfte und auch drei für eure Waffen. Warum ihr nun mit dieser Einschränkung leben müsst, obwohl ihr all das im Spiel verfügbare Arsenal gleichzeitig mit euch schleppen dürft, wird nirgends erläutert.
Um zur Auflockerung etwas Positives zu erwähnen: Das Spiel ist dank sechzehn großer Levels richtig umfangreich und grafisch nur in den ersten Levels eher mäßig hübsch. Wo dort noch hässlich braune sowie abwechslungsarme Untergrund-Settings das Bild bestimmen, gefallen später schicke Tempelanlagen sowie geschickt gezeichnete Texturen mit plastischen Licht- und Schatteneffekten.
Plopp-Popp statt Ratter-Knatter
Allerdings ist der Rest der Präsentation ein Graus: Die Animationen der Gegner verkommen zur Lächerlichkeit, sobald die Ragdoll-Technik einsetzt. Ständig dröhnen die gleichen, stupiden Musik-Loops aus den Lautsprechern. Die Sprachausgabe krankt an doofen Einzeilern und schlechter Betonung. Unter all diesem liegen die unbeschreiblich miesen Soundeffekte. Manche Waffensounds hören sich schwächer an als eine Popcorn-Maschine. Die Anzahl von Störgeräuschen, die definitiv keine Umgebung simulieren, sondern schlicht und ergreifend Bugs darstellen, dürfte reif für das Guinness-Buch der Rekorde sein.
Die Spielbarkeit reißt Scorpion noch weiter nach unten, allein dank der miesen Kollisionsabfrage beziehungsweise Treffererkennung. Manche Gegner fallen nach zwei Schüssen ins Knie tot um, andere halten ein ganzes MG-Magazin mitten ins Gesicht aus. Bei Verletzungen reagieren sie äußerst selten, weshalb ihr oft gar nicht wisst, ob ihr überhaupt trefft oder nicht.
Innovativ mal ganz anders
Das Laufen, Springen und Kriechen fühlt sich an wie bei billigen Ego-Shootern, die auf irgendwelchen 3D-Gamemaker-Utilitys programmiert wurden. Dazu kommen Bugs, die wir beinahe als innovativ bezeichnen möchten: Bei Leitern, deren Sprossen sehr weit von der Wand weg hängen, kann es durchaus passieren, dass ihr in dem kleinen Zwischenraum zwischen Sprosse und Wand nach unten klettert. Am Boden angekommen fehlt dann der Platz, um drunter durchkriechen zu können, weshalb ihr wieder nach oben steigen und es erneut probieren müsst.
Weitere Bugs, wie eine Gegner-K.I, die gerne mal an Ecken hängen bleibt, oder dass euer Alter Ego nach einem Quicksave plötzlich nach oben an die Decke starrt, geben dem Spiel den Rest. Halt, nein, einen haben wir noch: Rechnet immer wieder mal mit Abstürzen und sogar mit kaputten Savegames. Wer ständig die Quicksave-Funktion benutzt, der könnte ergo eine unangenehme Überraschung erleben.
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