Test - Robinson: The Journey : Jurassic Park in ferner Galaxie: so schön und doch so hohl
- PS4
Schon einmal einem Dinosaurier über den Weg gelaufen? Einem riesigen, wenn auch friedlichen Brontosaurus oder einem Furcht einflößenden Tyrannosaurus Rex? Wenn nicht, dann bietet sich jetzt die Gelegenheit auf dem weit entfernten Planeten Tyson III. Aber Vorsicht, die Reise ist ein wenig beschwerlich und belastet den Magen. Robinson: The Journey aus der Feder von Crytek mag mit Abstand das schönste aller PSVR-Spiele sein, doch beim Spielinhalt und beim Komfort unter der VR-Brille klaffen riesige Lücken.
Robinson: The Journey - Test
Der arme Knirps! Robin wurde im Weltraum geboren, auf einem riesigen Raumschiff, das mit irrer Geschwindigkeit durch das All reiste. Dummerweise legte es am Ziel der langen Fahrt eine Bruchlandung hin und Robin entkam dem Tod nur knapp durch die Flucht in einer Rettungskapsel. Auf dem Planeten Tyson III muss er nun alleine um sein Überleben kämpfen.
Alleine? Nicht ganz. Robin hat einen treuen Robo-Begleiter in Form einer schwebenden Kugel. HIGS nennt sich der elektronische Aufpasser, der äußerlich ungemein große Ähnlichkeit zu Wheatley aus Portal 2 hat, wenn auch ohne dessen spitzfindige Persönlichkeit. HIGS hat eher etwas von C-3PO: stets belehrend, höflich zuvorkommend und meist ängstlicher veranlagt, als es in der Wildnis angebracht ist.
Darum rät er seinem Schützling Robin dringend von der Fütterung eines frisch geschlüpften T-Rex-Babys ab. Der Knirps macht sich nichts aus der Warnung. Das Ungeheuer frisst dem Menschenkind buchstäblich aus der Hand und hört fortan auf den Namen Laika. Schon knuffig, der kleine Mähdrescher, der mit riesigen Augen und tollpatschigen Bewegungen durch die Gegend stolpert, auf Kommando bei Fuß kommt, andere Tiere durch kräftiges Brüllen verjagt oder spielerisch einem Football nacheifert.
Gestrandet mit zwei Robotern
Was Laika fehlt, ist Persönlichkeit. Bei genauer Betrachtung stellt man schnell fest, dass die Baby-Echse weniger eigenständige Züge hat als der elektronische Begleiter HIGS. Wie eine Maschine wartet Laika auf Befehle ihres Meisters, täuscht dabei spielerisches Verhalten vor, ohne einen Hauch Selbständigkeit an den Tag zu legen. Schade, denn trotz der tiefen Immersion durch das PS-VR-Headset sind es am Ende solche Kleinigkeiten, die den Eindruck einer künstlichen Realität festigen – oder auch nicht.
Robins Umgebung ist wunderschön gezeichnet. Wilde Pflanzen in saftigem Grün, uralte Bäume räkeln sich der Sonne entgegen, Bächlein plätschern und säuseln das Lied der unberührten Natur. In der Ferne glänzen derweil die metallischen Überreste des Raumschiffwracks, mit dem Robin gestrandet ist.
Grafikqualität und Präsentation schlagen jedes andere VR-Spiel mit links. Ja, auch alles, was man bisher am PC zu sehen bekam. Allein das gekonnt platzierte Licht-und-Schatten-Spiel im Urwald kann so faszinierend sein, dass man minutenlang die Gegend inspiziert. Wenn dann aber ein Quasiroboter von einem T-Rex-Baby ins Bild stampft, ist der ganze schöne Eindruck hinüber. Nichts hilft, mit Laika eine emotionale Bindung zu knüpfen. Crytek verlässt sich nur auf große knuffige Augen im Kopf, und das reicht leider nicht aus.
Laika ist ein Werkzeug, also behandelt man das Tier auch wie eines. Sei's drum, es gibt schließlich genug andere Dinge zu tun, als eine Baby-Echse zu tätscheln. Zum Beispiel kleine Schiebe- und Stapel-Puzzles für die Energieversorgung der eigenen Hütte zu lösen, was mithilfe eines Antigravitationsstrahls vonstattengeht. Die Quelle des Strahls sieht einem PlayStation-Move-Controller ungemein ähnlich. Das weckt Erwartungen, die nie erfüllt werden. Ihr steuert Robin und seine Werkzeuge leider ausschließlich mit dem Standard-Controller.
Robin selbst bewegt sich allerdings nur in Schneckengeschwindigkeit. Lahmarschig wäre noch geschmeichelt. Wohl eine Vorsichtsmaßnahme seitens Crytek, die Anfälle von Motion Sickness unterbinden soll. Das funktioniert leider nicht durchgehend, weil Drehungen um die eigene Achse die Orientierung am ehesten durcheinanderbringen. Ähnlich wie bei Here They Lie vollzieht man Drehungen schrittweise statt in einer flüssigen Bewegung, wodurch ständige Neuorientierung zur Tagesordnung gehört. Wollt ihr das unterbinden, dann sei zum Spielen auf einem Drehstuhl geraten.
Forschen und Katalogisieren
Das hilft nicht immer, denn Robin bewegt sich bei seinen Forschungstouren auf dem Planeten auf unterschiedliche Weise. Ab und zu muss er steile Hänge hinaufklettern. Dazu bewegt ihr seine (frei schwebenden) Hände mit den Schultertasten und sucht Vorsprünge, an denen sich der Held festhalten kann. Das funktioniert technisch ausgezeichnet, ist allerdings in den allermeisten Fällen eine Garantie für Übelkeit und Schwindel. Alternativen gibt es nicht. Robin muss die Gegend erkunden, um weitere Anhaltspunkte für den Zweck seiner Reise zu finden, und dafür Tiere scannen und die Fauna katalogisieren.
So manche Entdeckung entschädigt durchaus für ein paar Minuten Übelkeit, etwa die Begegnung mit monströsen prähistorischen Pflanzenfressern. „Jurassic Park“ lässt grüßen. Da im Handlungsbogen von Robinson: The Journey aber nur selten ein roter Faden zu erkennen ist, rücken Forschung und Katalogisierung sehr dominant in den Vordergrund und verwässern den Anteil des Spiels, der gerne ein Action-Adventure sein möchte.
Zudem wirken gewisse Spielelemente grob angetackert und stricken wenig Zusammenhang. Darunter jene Puzzles, die man aus der Sicht von HIGS bewältigt. Durch seine Augen verknüpft man Energieleitungen, die mit steigendem Spielfortschritt verworrener werden, aber beim Anspruch an den Spieler selten Vorschulniveau übersteigen.
Kommentarezum Artikel