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Test - Life is Strange : TWN PKS

  • PC
  • PS4
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Life is Strange ist anders als herkömmliche Spiele und doch verfolgt es einen Trend, der sich in der jüngeren Vergangenheit durchgesetzt hat. Life is Strange ist ein Episodenspiel – eine Art von Titeln, die sich dank der Vorreiterarbeit von Telltale Games im Massenmarkt etablieren konnte und seitdem eine hohe Reputation genießt. Dennoch leidet das Konzept unter einem gewissen Verschleiß. Das liegt hauptsächlich daran, dass Telltale in diesem Bereich lange Zeit eine Monopolstellung innehatte und dementsprechend der einzige Anbieter von hochwertigen, aber stets vorhersehbaren Episodenspielen war. Das ändert sich glücklicherweise mit Dontnods Life is Strange.

Das fängt bereits mit dem Schauplatz des Spiels an. Anders als in Titeln von Telltale Games findet ihr euch nicht in einer Zombie-Apokalypse oder in einem Ödland wieder, sondern in einer schon fast außergewöhnlich normalen Alltagssituation. Ihr übernehmt die Kontrolle über das junge und introvertierte Teenager-Mädchen Max, das nach Jahren in ihre Heimatstadt zurückkehrt, um ihrer großen Leidenschaft nachzugehen und ein Fotografiestudium zu beginnen. Life is Strange präsentiert sich entsprechend seinem Hauptcharakter stets ruhig, ja, schon fast in sich gekehrt und begleitet euch nahezu die komplette Spielzeit über mit einer angenehm sanften Atmosphäre.

Yin und Yang

Um die meditative Stimmung zu kontrastieren, hält mit Chloey ein aufbrausender und schon fast radikaler Charakter in das Spiel Einzug. Chloey war sehr lange Zeit die beste Freundin von Max, bis sie aus der Stadt wegzog und der Kontakt abbrach. Seitdem ist viel passiert – Max ist reifer geworden und Chloey hat mit Rachel eine neue Verbündete für das harte Teenager-Leben gefunden. Leider ist Rachel seit einigen Wochen verschwunden. Eine Spur gibt es bislang nicht.

Fortan gilt es, gemeinsam mit Max und Chloey das mysteriöse Verschwinden von Rachel zu untersuchen und das Geheimnis zu lösen. Zugegeben, das hört sich wie eine kindische und kitschige Detektivgeschichte an. Lasst euch jedoch von der einfachen Aufmachung nicht täuschen, denn der Titel interpretiert eine bekannte Mechanik aus der Videospielwelt für seine Geschichte neu: die Zeitrückspulfunktion.

Max ist es aus mysteriösen Gründen möglich, die Zeit zurückzudrehen. Gerade die unzähligen Entscheidungssituationen erhalten dadurch eine völlig neue Struktur und erfordern so untypische Herangehensweisen. Vor allem bietet diese Funktion eine neue und interessante Ebene, von der Life is Strange in Sachen Gameplay und Narrative unheimlich stark profitiert. So werdet ihr beispielsweise wichtige Entscheidungen wieder und wieder durchlaufen, um die verschiedenen Konsequenzen zu erfahren. Wer jedoch denkt, sich dadurch stets für das augenscheinlich richtige Verhalten zu entscheiden, hat weit gefehlt.

Geschichte > Rätsel

Alle Entscheidungen, die ihr in Life is Strange fällt, sind in ihrem Kern selten durchschaubar und somit nicht schwarz oder weiß. Ferner kommt die entscheidende Regel hinzu, dass ihr lediglich Kurzzeitentscheidungen nach Belieben vor- und zurückspult. Habt ihr eine Situation erst einmal abgeschlossen und eine Entscheidung gefällt, wandert diese in den Langzeit-Pool. Somit könnt ihr diese Situation nicht ein weiteres Mal spielen und müsst vorerst mit den Langzeitfolgen eurer Entscheidungen leben. Die Krux: Langzeitfolgen einzelner Situationen sind fast nie vorhersehbar, sodass stets eine gewisse Vorsicht, aber auch Neugier in eurer Entscheidungsfindung mitspielt.

Life is Strange - Launch Trailer
Video zum Verkaufsstarte von Life is Strange.

Ein sehr erfrischender Ansatz, der sich auch im Lösen einzelner Rätsel wiederfindet – auch wenn er spielerisch recht spärlich eingesetzt wird. Dontnod ist sich dessen allerdings bewusst und betont klar und deutlich, dass der Fokus auf dem Erzählen der Geschichte liegt. Die einzelnen Rätsel sind nett, allerdings nie herausragend oder in irgendeiner Art und Weise fordernd. Das ist nicht schlimm, da Charaktere, Atmosphäre, Schauplatz und das Skript das spielerisch recht simple Konzept sehr angenehm auffangen.

Warum das so gut funktioniert? Weil Life is Strange eine Seele hat und überall die Liebe zum Detail erkennbar ist. Das Tagebuch von Max bietet nicht nur einen Einblick in die Hintergrundgeschichte einzelner Charaktere, sondern auch in ihr Gewissen. Ängste, Sorgen, aber auch Hoffnung und Träume der Protagonisten werden auf charmante und lebensechte Art vermittelt. Das Ziel der Entwickler war es, Identifikationspunkte und damit Situationen zu schaffen, die jeder Teenager in seiner Schulzeit durchleben könnte. Mal abgesehen von der übernatürlichen Zeitspulfähigkeit hat Dontnod Games in der Hinsicht sehr gute Arbeit geleistet.

We played hide and seek

Hinzu kommt eine schöne Aufmachung mit einem Grafikstil, der zunächst eigenartig wirkt, sich jedoch im Laufe der rund zweistündigen Spielzeit der ersten Episode organisch in das Geschehen einbettet und nie stört. Tatsächlich fanden wir ihn nach einer gewissen Zeit sogar ziemlich schön und für die Atmosphäre des Spiels förderlich. Zusätzlich begeistert der Soundtrack, der zum Teil vom Indie-Künstler Syd Matters entliehen wurde und Life is Strange eine persönliche Note verleiht. Zwar sind uns auf der PlayStation 4 und auch auf dem PC einige Ruckler beziehungsweise Bildrateneinbrüche aufgefallen, letzten Endes überwog jedoch der Spielspaß, sodass wir über die kleinen Schönheitsfehler gerne hinwegsehen.

Fazit

Ilyass Alaoui - Portraitvon Ilyass Alaoui
Life is Strange hat Herz und Seele

Life is Strange hatte es zu Beginn nicht einfach, musste es sich doch mit Titeln aus dem Hause Telltale Games vergleichen lassen. Glücklicherweise haben es die Entwickler von Dontnod aber geschafft, ihrem Spiel eine völlig eigenständige Note zu verleihen und mit hervorragend geschriebenen Charakteren eine glaubwürdige Spielwelt zu erschaffen – ganz ohne Zombies oder sprechende Miniroboter. Dazu gehört Mut, denn so traurig es ist, weibliche Hauptcharaktere sind in der Videospielwelt weiterhin rar, erst recht im Doppelpack. Umso schöner, dass die Entwickler ihrer Linie treu geblieben sind und beispielsweise Forderungen von anderen Publishern abgelehnt haben, männliche Hauptcharaktere zu etablieren. Darüber hinaus sind die wunderschöne Atmosphäre und der Ton des Spiels hervorzuheben. Wer großartige Action-Szenen und Bombast sucht, wird mit Life is Strange nicht glücklich. Wer sich aber eine authentische Geschichte mit viel Herz und Mystery-Einschlägen à la „Twin Peaks“ erhofft, sollte sich das Adventure definitiv ansehen. Überzeugen euch diese Punkte nicht, solltet ihr zumindest der interessanten Rückspulmechanik und dem Potenzial der narrativen Manipulation eine Chance geben. Auch wenn ich auf eine Bewertung der einzelnen Episoden verzichte und lieber auf das Gesamtergebnis warte, um ein finales Urteil zu fällen, bin ich davon überzeugt, dass ich mit Life is Strange in diesem Jahr noch viel Spaß haben werde. Die zweite Episode kann ich kaum erwarten.

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