Test - Leisure Suit Larry: Box Office Bust : Da ist nicht nur der Anzug billig
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Angeblich war Leisure Suit Larry zu seiner Zeit das PC-Spiel, welches wirklich jeder Computerbesitzer einmal gespielt hat. Erstaunlich offenherzig ging das Adventure mit dem Thema Sex um und parodierte es mehr oder weniger geschickt. Vor fünf Jahren erschien bereits eine Neuauskopplung in 3D, die von Spielern wie Kritikern äußerst unterschiedlich aufgenommen wurde. Codemasters und Team 17 probieren es heute erneut und eines sei versichert: Diesmal wird das Meinungsbild ziemlich einseitig ausfallen.
Es fängt so harmlos an
Der Ansatz ist noch halbwegs nett: Larry Lovage jobbt auf einem Filmgelände, wo gleich mehrere potenzielle Klassiker in der Mache sind. Zunächst werden ihm nur Botengänge anvertraut, doch Larry strebt natürlich nach Höherem ... allen voran Frauen. Sein Interesse, bei all den Produktionen mitzuwirken, ist nämlich nur ein Vorwand dafür, möglichst häufig mit einer der Filmschönheiten im Bett zu landen.
Wir kennen Team 17 vorrangig als Entwickler der Worms-Spiele. Darüber hinaus haben die Engländer noch nie an einem Adventure mitgearbeitet. Macht auch nichts, denn mit diesem Genre hat Box Office Bust kaum mehr etwas gemeinsam. Anstatt knackiger Rätsel oder witziger Dialoge erwartet euch ein ganz besonders ödes Grand-Theft-Auto-Konzept. Ihr könnt euch relativ frei auf dem Studiogelände bewegen und seht dank Radar jederzeit euer nächstes Spielziel. Das Stichwort "Botengänge" in unserer Zusammenfassung der Handlung haben wir nicht ohne Grund verwandt: In der Tat müsst ihr sehr häufig von A nach B nach C nach Schnarch laufen, ohne dass etwas Aufregendes passiert.
Langeweile und Wutanfälle
Ansonsten erwartet euch ein wilder Mix aus altgedienten Spielkonzepten, die entweder sturzlangweilig oder überfrustrierend sind. Mal müsst ihr wie in einem Railgun-Shooter auf irgendwelche Leute schießen, anderswo kloppt ihr euch im minimalistischen Prügelspielstil und ganz häufig werdet ihr zu abenteuerlichen Sprungparcours genötigt. Streng genommen ist das Spieldesign auf babyleicht getrimmt, doch "dank" der abartig schlechten Steuerung solltet ihr keinen Spaziergang erwarten.
Wenn ihr gegen eine Wand springt, dann könnt ihr euch von dieser abstoßen. Wenn ihr gegen eine Plattformkante hechtet, dann sollte sich Larry an dieser festhalten und sich nach oben stemmen. Diese beiden Standardfähigkeiten sind hier alles andere als sauber programmiert. In kaum einem anderen Spiel ist es uns so häufig passiert, dass beim Anspringen einer Kante diese als glatte Wand interpretiert wurde. Der anschließende Knopfdruck, durch den Larry sich eigentlich nach oben stemmen soll, mutierte entsprechend zum Abstoßen in die andere Richtung.
Die Kameraführung ist ein absolutes Debakel. Im besten Falle dürft ihr sie manuell justieren. Doch häufig ist dies gar nicht erst möglich. Dabei sind einige Zwangsperspektiven dermaßen unglücklich gewählt, dass euch trotz Radar gerne mal die Übersicht flöten geht. Richtig beknackt sind jene Stellen, an denen ihr die Kamera zwar bewegen dürft, jedoch beim kleinsten Schritt von Larry diese in die Ausgangsposition zurückschwenkt. PC-Spieler dürfen sich zusätzlich über eine völlig unsinnige Maus/Tastatur-Standardbelegung freuen, falls sie ihren Controller nicht richtig in Gang bekommen (so wie es uns passiert ist).
Es gibt vereinzelte Bugs, die so schwerwiegend sind, dass ihr dank ihrer regelmäßig und ohne Eigenverschulden den Löffel abgebt. Beispielsweise gibt es eine Stelle, bei der Larry sich nur alle Jubeljahre an ein Kletternetz dranhängt. Das Leveldesign leidet nicht nur unter den langweiligen Konzepten der Minispiele, sondern wird obendrein durch die längsten und monotonsten Laufwege der Spielegeschichte zerstört.
Nicht ganz so hässlich
Rein von der Präsentation her ist nicht alles schlecht: Der Comicstil passt eigentlich ganz gut, während der Charme der Figuren hingegen gen Keller rast. In Sachen Humor dürft ihr euch auf besonders derbe Gags freuen, die aufgrund ihrer Plattheit selten für einen Lacher sorgen und ansonsten den intelligenten Menschen von heute eher anekeln dürften. Das letzte Fünkchen Stil und Anstand, das bei den Vorgängern den Unterschied ausmachte, fehlt hier völlig, weil wirklich alle Charaktere grenzdebil zu sein scheinen.
Auf der anderen Seite werden Freunde nackter Haut nur wenig zu sehen bekommen, denn die übertrieben großen Brüste der weiblichen Figurenriege gibt es maximal im Bikini-Outfit zu sehen. Da stellt sich gleich die Frage, wieso sich die Entwickler bei der optischen Darstellung rein gar nichts trauen, während sie bei den Sprüchen einen Vogel nach dem anderen abschießen.
Ein paar positive Worte zum Schluss: Die Spielwelt erscheint anfangs nicht übermäßig groß, doch im späteren Verlauf träumt ihr von den jeweiligen Filmkulissen und besucht somit insgesamt vier voneinander unabhängige Settings. Zudem ist, rein auf dem Papier betrachtet, die Menge der unterschiedlichen Spielkonzepte nicht zu verachten, auch wenn deren Anspruch stark gegen belanglos tendiert. Noch am nettesten ist das Regiespiel, in dem ihr Szenen aus verschiedenen Perspektiven zusammenstückeln müsst. Doch selbst diese an sich gute Idee legt eine Bruchlandung hin, weil sie in der präsentierten Form keine Herausforderung darstellt.
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