Test - Lego DC Super Villains : Böse Klötzchen
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Völlig verdrehte Lego-Welt: Weil die guten Superhelden durch böse Gegenstücke ersetzt werden, finden die sonst so bösen Fieslinge zur Gutmütigkeit. Witz und Niedlichkeit triumphieren wie immer bei den Lego-Spielen. Vielleicht gerade deshalb verpasst Traveller’s Tales die Chance, der bösen Narrenfreiheit freien Lauf zu lassen.
In Sachen Lego-Videospiel haben wir längst alles gesehen. Selbst der Rollenwechsel zu den Gegenspielern einer Saga ist nichts Neues oder Ungewöhnliches, wenn man bedenkt, dass schon das allererste Lego Star Wars sämtliche Figuren auf heller und dunkler Seite der Macht einbezog. Lego DC Super Villains ist somit nur die nächste Nummer in einer Reihe, die je nach Sichtweise wie ein Fluch oder ein Segen an Traveller’s Tales hängt. Wahrscheinlich dürfen die Designer dieses Studios nie wieder irgendetwas anderes auf den Markt bringen.
Unken ist als Kritiker einfach. Andererseits wird ja niemand zum Kauf gezwungen und solange es Käufern wie Spieldesignern gefällt, ist überzogene Kritik fehl am Platz. Bewundernswert ist es sogar, wie unkaputtbar und universell TT diese Sammelmarathons über die Jahrzehnte rettet, ohne Nennenswertes an der Formel zu ändern. Man läuft noch immer mit niedlichen Lego-Männchen herum, zerstört alles, was nicht niet- und nagelfest ist, um etliche Plastikmünzen zu kassieren, löst Minipuzzles und hetzt dem Ziel eines Levels entgegen. Dieses Mal eben in der Gestalt diverser Superbösewichte aus dem DC-Comicuniversum, darunter Batmans Erzfeind Joker, seine Gespielin Harley Quinn, Schlammmonster Clayface, Reverse Flash, Catwoman und viele mehr.
Wer ist hier der Bösewicht?
Ganze 160 Comicfiguren? Die kann man doch gar nicht alle kennen. Denkste! Fans der beliebten DC-Comics meckern garantiert über die gigantische Auswahl, weil nicht jeder Bösewicht angemessen im Rampenlicht steht. Genau genommen ist der Handlungsstrang derart vollgepackt mit Kurzauftritten, dass der rote Faden hin und wieder zugunsten der Vielfalt verloren geht. Halb so wild, denn die Rahmenhandlung ist wie bei den Lego-Spielen üblich übersichtlich gestaltet und kindgerecht.
Kurz gefasst geht es um Folgendes: Bei einem Ausbruch beobachten der Joker und Harley Quinn, wie die Superhelden der Justice League auf eine neue Heldentruppe aus einem Paralleluniversum treffen. Ihre Gegenstücke haben starke Ähnlichkeiten. Supermans Gegenstück heißt Ultraman, Batmans Pendant ist Owlman und statt Flash rast Johnny Quick beim Justice Syndicate in Blitzgeschwindigkeit durch die Gassen. Dumm nur, dass diese vermeintlichen Helden böse Absichten hegen. Sie verfrachten die Justice League kurzerhand in ihre Dimension und nehmen den Platz der Guten ein mit dem Ziel, Metropolis und Gotham City im Deckmantel der Gerechtigkeit unter ihre Fuchtel zu bekommen.
Da in den beiden benachbarten Städten aber nicht genug Platz für zwei Schurkengruppen ist, beschließen einige der originalen Fieslinge herauszufinden, was mit der DC-Saubermanntruppe passiert ist, und den Vorgang rückgängig zu machen. Stück um Stück entdecken sie Hinweise, besuchen allerhand Orte in der frei erkundbaren Welt und knacken optionale Nebenaufgaben. Schlüssel zum Sieg ist allerdings keine besondere List, sondern ein Schurkenneuling, den ihr bei Spielstart anhand eines umfangreichen Charaktereditors selbst gestalten dürft. Der Frischling ist zwar das ganze Spiel über stumm, hat aber die Fähigkeit, viele übernatürliche Kräfte in sich zu vereinen – zumindest nach und nach.
Abseits weniger fester Vorgaben steht euch die Art des Lösungswegs in der rund 15 Stunden andauernden Kampagne einigermaßen offen. Von einer waschechten offenen Welt zu sprechen, wirkt zwar angesichts der arg begrenzten Fläche der beiden Städte etwas übertrieben, schließlich bestehen Metropolis und Gotham City nur aus einer Handvoll Straßen, doch rein technisch trifft die Bezeichnung voll und ganz zu. Ähnlich wie bei Lego City Undercover bewegt ihr euch durch eine Art Spielzeug-GTA mit freier Fahrzeugwahl, verketteten Missionssträngen und einer ganzen Reihe markanter Ortschaften, die Fans aus den Comics kennen.
Déjà-vu im Klötzchenensemble
Dass der Humor in den Lego-Spielen nicht zu kurz kommt, ist kein Geheimnis. Lego DC Super Villains stellt keine Ausnahme dar. Die Anzahl verwursteter Klischees lässt sich kaum beziffern, siehe der Wechsel zwischen Metropolis und Gotham. Nur ein Tunnel trennt beide Städte voneinander, trotzdem herrscht in Supermans Region immer eitel Sonnenschein, während es in Gotham stets unter düsterem Himmel regnet. Slapstickeinlagen, Wortwitz und das Verulken der eigenen Lego-Natur lockern das Spielgeschehen auf, bleiben aber durchgehend kindgerecht und unverfänglich.
Genau das ist allerdings der große Schwachpunkt an Lego DC Super Villains. Nach etlichen Lego-Spielen der gleichen Machart hätte ein Ableger, der sich auf die Bösen konzentriert, viel chaotischer, ja viel befreiter von jeglichen Zwängen sein können. Wäre es nicht ein Fest, mal Gotham in Schutt und Asche zu legen, jetzt, da Batman nicht eingreifen kann? Manche wollen die Welt einfach nur brennen sehen … oder eben in Klötzchen zerfallen.
Obwohl die Schurken immer wieder gegen Gesetzeshüter kämpfen und auf oberflächlicher Ebene Chaos anrichten, schöpft Traveller’s Tales die Thematik bei Weitem nicht so gut aus, wie es der Stoff anbietet. Ja, der Handlungsstrang sieht durchaus vor, etablierte Verhältnisse in ein anderes Licht zu rücken. Wenn Böse gegen noch bösere Schurken kämpfen, ist das unvermeidlich. Was aber fehlt, ist dieser Hauch kindlicher Anarchie, der, wenn überhaupt, nur in der (exzellenten) Synchronisation zutage tritt. Die deutschen Sprecher kommen zwar nicht ganz an das englische Original heran, etwa Größen wie Mark Hamill, aber das wilde Feixen der Fieslinge kommt auch in der hiesigen Fassung gut rüber.
Gerade weil doch alles aus Lego besteht und man bei jedem anderen Lego-Game sowieso die allermeisten Einrichtungsgegenstände eines Levels in seine Bestandteile zerlegt, sticht diese Episode kein Stück aus dem üblichen Programm heraus. Ob nun Helden oder Schurken – in dieser Serie spielt das keine Rolle. Schade. Dies den moralischen Idealen eines kindgerechten Spiels in die Schuhe zu schieben, ist zu einfach. Im Gegenteil: Genauso hätte man den Kids vermitteln können, inwiefern die Bösen Schaden anrichten, zumal erwachsene Lego-Fans ganz genauso Spaß daran hätten. Es muss ja nicht immer Mord und Totschlag wie in GTA oder Call of Duty sein.
Unnötige Bugs
Unterm Strich bleibt es beim nächstbesten Lego-Spiel. Angesichts der etablierten Qualität der Serie ist das, zugegeben, ein Luxusproblem, Meckern auf hohem Niveau. Und doch verpasst Traveller’s Tales damit die einmalige Chance, die Lego-Serie um eine neue Geschmacksnote zu bereichern. Es hätte gerne ein wenig böser sein können.
Umso ärgerlicher ist es, dass Lego DC Super Villains unter einigen Bugs leidet, die von vergessenswert bis mittelschwer reichen. Animationen von Endgegnern frieren ein, Charaktere bleiben in der Spielwelt hängen, Gespräche reißen ohne erkennbaren Grund mitten im Dialog ab. Halb so wild. Was aber gar nicht geht, sind den Spielfortschritt verhindernde Bugs, die zum Neustart eines Levels beziehungsweise einer Mission zwingen.
Schon im Prolog droht die Gefahr, dass Harley Quinn auf einem Uhrenturm ins Bodenlose abstürzt und beim Respawn keinen festen Boden unter die Füße bekommt. Das endet dann in einer Absturzendlosschleife. Später im Spiel soll Clayface (oder der eigens erschaffene Schurke aus dem Editor) auf doppelte Größe anwachsen, was durch langes Halten jener Taste vonstattengeht, mit der man normalerweise von einer Figur zur anderen wechselt. Dummerweise gibt es aber Stellen, an denen die Mechanik nicht greift. Statt der Wachstumsanimation wird immer nur der Charakterwechsel ausgeführt. Das Problem verschwindet erst, wenn die Figur an einer anderen Stelle steht. Anhaltspunkte für den richtigen Ort gibt es aber nicht.
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