Test - Heroes of Dragon Age : Lizenzmurks aus Ferelden
- Mob
Spieler und Fans von Dragon Age: Origins werden niemals vergessen wie es war, zum ersten Mal durch die Ruinen von Ostagar zu streifen, tiefe Zwergenfestungen zu erkunden und gegen die Vorboten der dunklen Brut zu kämpfen. Während der erste Teil der Rollenspielreihe noch für ein wahres Fest auf den Bildschirmen sorgte, konnte der Nachfolger Dragon Age II die hohe spielerische Qualität nicht mehr halten. Die App Heroes of Dragon Age für iOS und Android scheint die Talfahrt der Reihe fortzusetzen.
Die Welt von Dragon Age war noch nie für ihre Größe und unendliche Weite bekannt, die etwa zum freien Erkunden einladen würde. Stattdessen erfreuten sich die Spieler an den vielen gut geschriebenen Charakteren und ihre Geschichten. Zwar gelang diese Formel den beiden bisher erschienenen Hauptspielen unterschiedlich gut, das Rezept zum Erfolg blieb allerdings immer das gleiche: Man nehme eine fantasievolle, aber düstere Welt, bevölkere sie mit interessanten Bewohnern und gebe dem Spieler eine Reihe optionaler Aufgaben, die Abwechslung in das schlauchartige Missionsdesign bringen. Was für ein vollwertiges Spiel so gut funktioniert, ist als App allerdings zum Scheitern verurteilt. Den Beweis hierfür liefert Heroes of Dragon Age.
Vielversprechende Grundlagen
Ihr werdet kurz nach Starten der kostenfreien App für eine relativ lange Zeit unerwartet fest an die Hand genommen und in die Grundmechaniken des Spiels eingeführt. Bei Heroes of Dragon Age handelt es sich um eine Art rundenbasiertes Strategiespiel mit Rollenspielelementen. Mit einem Team bestreitet ihr nahezu endlos viele Kämpfe, die allesamt nach dem gleichen Prinzip ablaufen.
Zunächst bastelt ihr euch durch den Kauf verschiedener Kartenpakete ein Team zusammen. Hierbei werden drei verschiedene Decks unterschieden, die mit Spiel- oder Echtgeld erworben und unterschiedlich starke Recken in eure Reihen eingliedern können. Danach wählt ihr auf einer Karte eine Missionsreihe und kämpft euch innerhalb dieses Levels Runde um Runde zum Endboss.
Euer Team, das aus Kämpfern mit unterschiedlichen Attributen besteht, muss hierbei strategisch klug positioniert werden: Bogenschützen und Magier erhalten in der hinteren Reihe einen Bonus auf ihren Schaden, würden in der ersten Reihe allerdings mehr Gesundheit hinzubekommen. Doch dies sind lediglich die einfachsten Mechaniken: Nach und nach erfahrt ihr von Eigenschaften wie Angriffsgeschwindigkeit, Schadenspotential und Spezialattacken, die euch lange Zeit im Auswahlbildschirm verharren lassen, um für den nächsten Kampf ein möglichst ausgewogenes Team zusammenzustellen.
Wenn es zum Gefecht kommt, funktioniert allerdings alles ohne eure Hilfe. Die Figuren führen in einer festen Reihenfolge so lange ihre Angriffe aus, bis ein Team vollständig ausgelöscht wurde. Der Verlierer leckt seine Wunden, der Gewinner verteilt Erfahrungspunkte.
…aber die falsche Lizenz
Das recht komplexe Spielprinzip mit all seinen taktischen Möglichkeiten hat auf dem Papier Potential für einige Stunden Spielspaß. Doch die Entscheidung, auf diese Mechaniken die Welt von Dragon Age aufzupfropfen fühlt sich an, als wolle man einem überzeugten Vegetarier den neusten Baconburger vom Imbiss nebenan schmackhaft machen: Es passt nicht zusammen und fühlt sich obendrein falsch an.
Die faszinierende Welt, die der Spieler als große Stärke der Reihe kennengelernt hat, verkommt in Heroes of Dragon Age zu kurzatmigen und verwirrenden Infotexten im Ladebildschirm..
Während sich das Tutorial noch größte Mühe gibt, euch in die richtige Fantasy-Stimmung zu versetzen, werdet ihr spätestens dann aus der Kopfwelt in die unstimmige Realität zurückgeholt, wenn ihr „Champions“ aus einem „Kartensetz“ kaufen und anschließend „fusionieren“ sollt, um stärkere Einheiten zu erhalten. Die Missionen, die zwar reichlich vorhanden aber inhaltlich völlig belanglos sind, reihen sich farblos aneinander und bieten grafisch kaum abwechslungsreiche Kulissen für die starren Kämpfe. Hier erinnert nichts mehr an die liebgewonnenen Landstriche von Orlains oder Ferelden.
Fan oder nicht Fan, das ist die Frage!
Heroes of Dragon Age demonstriert mit Bravour was es bedeutet, sich selbst ein Bein zu stellen. Beleuchtet man den Kern des Spiels, so stößt man auf ein komplexes Spielsystem, das motivierende Rollenspielelemente mit taktischem Kalkül verbindet und eure Fähigkeiten zur Voraussicht in den Gefechten fordert. Allerdings klebt an allen Ecken und Enden der lieblos aufgetragene Tapetenwulst, der euch die Welt von Dragon Age vorgaukeln möchte. So ertappen sich die Fans unter euch schnell beim genervten Aufstöhnen, wenn ihr mal wieder aus fadenscheinigen Gründen irgendjemanden befreien müsst oder Geschichten aufdeckt, die im Kontext der Hauptspiele gar keinen Sinn machen. Diejenigen unter euch, die bisher mit der Welt von Dragon Age kaum oder keinen Kontakt hatten, werden allerdings vor allem die Tiefe der Spielmechanik zu schätzen wissen.
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