Test - Dragon Quest: Die Chronik der Erkorenen : Gutes Remake aus der Mottenkiste
- DS(i)
Videospieler sind nicht an Geschichte interessiert? Square-Enix denkt anders und veröffentlicht reihenweise "alte" Spiele erstmals in Europa. Dank Remakes für PlayStation, Game Boy Advance oder Nintendo DS kamen bereits die alten Final-Fantasy-Episoden zum Zuge. Diesmal ist das andere große Flaggschiff japanischer Rollenspielkunst dran: Dragon Quest: Die Chronik der Erkorenen ist eine Umsetzung des vierten Teils jener Serie, welche das Wort "Pionierarbeit" in diesem Genre erfunden zu haben scheint.
Grandiose Spiele altern nicht
1990 erschien Dragon Quest 4 in Japan. Es sollte der für zehn Jahre letzte Teil der Serie sein, der ins Englische übersetzt und in Amerika veröffentlicht wurde. Uns Europäern war das egal, denn wir sollten offiziell gar nichts von der Hauptserie wissen. Erst vor zwei Jahren kam die Kehrtwende: Mit der PAL-Version der achten Episode schien ein Bann gebrochen zu sein. Während die ersten drei Dragon-Quest-Spiele bereits zuvor für den Game Boy Color neu aufgelegt wurden und damals anscheinend noch niemand an eine Vermarktung der Serie in Europa gedacht hatte, müssen wir nun die alten Zeiten mit Die Chronik der Erkorenen aufrollen.
Der Plot von damals ist simpel, aber zeitlos: Ihr benennt Namen wie Geschlecht des eigenen Helden, den ihr vorerst jedoch nur für wenige Minuten steuern dürft. Danach spielt ihr vier Kapitel mit völlig anderen Charakteren, deren Geschichten zunächst nicht miteinander verknüpft zu sein scheinen. Erst wenn ihr diesen längsten Prolog der Videospielhistorie überstanden habt, übernehmt ihr erneut sowie endgültig die Rolle eures Helden. Ihr schließt Freundschaft mit den Spielcharakteren der ersten vier Kapitel und rettet am Ende gemeinsam die Welt.
Ihr müsst euch diesen Anfang wie vier kleine Rollenspiele vorstellen, welche sich zu einem Abenteuer zusammenschließen. Der einzige Nachteil dieser pfiffigen Idee: Am Anfang eines jeden Kapitels kämpft ihr immer gegen die gleichen Standardgegner. Aber weil Umgebung, Story und Charakter-Design abwechslungsreich genug sind, fällt dies kaum ins Gewicht.
Klassisch bis ins Mark
Das Spiel-Design ist bei weitem weniger innovativ und reduziert sich auf das Erforschen der Welt, das Erkunden von Höhlen oder Tempeln sowie das Kämpfen gegen Billionen von Monstern. Gespräche mit den Einwohnern von Städten sind oberste Pflicht, denn nur so erfahrt ihr, was ihr als Nächstes erledigen sollt.
Gekämpft wird traditionell über ein rundenbasiertes System, wobei ihr ab Kapitel fünf nur eurem Helden zwingend Befehle erteilen müsst, während alle anderen Charaktere automatisch agieren können. Stellt euch auf langes Aufleveln ein: Die größte Herausforderung des Spiels besteht darin, seine Rollenspiel-Party auf die notwendige Stärke zu trainieren. Dieses Old-School-Design in Kombination mit dem alten Hack'n'Slay-Konzept wird neue Spieler abschrecken, doch Nostalgiker in den siebten Himmel schießen.
Etwas nervig ist das Speichersystem. Das gibt es nur in den Kirchen, wo ihr auch gefallene Recken wiederbeleben lasst. Eine vollständige Regeneration der Treffer- und Magiepunkte ist hingegen nur in Herbergen möglich, ergo solltet ihr bei einem Zwischenstopp beide Orte besuchen. Dafür gibt es keinen Game-over-Bildschirm: Stirbt die gesamte Truppe, dann geht es bei der zuletzt besuchten Kirche weiter. Im Normalfall verliert ihr die Hälfte des gesammelten Geldes, allerdings gibt es ein Objekt, welches diese Bestrafung verhindert.
Krampf-3D-Grafik und Zaubermusik
Die Nintendo-DS-Version der Chronik der Erkorenen basiert auf dem PlayStation-Remake und nicht auf dem NES-Original. Die Grafik ist entsprechend bunt, aber sehr pixelig: Der Mischmasch aus halbgarer Polygonumgebung und platten 2D-Figürchen wirkt sehr veraltet. Dafür klingt der geniale Soundtrack von Koichi Sugiyama in einer prächtigen Qualität aus den Lautsprechern. Es mangelt ihm zwar an Abwechslung, aber rein aus technischer Sicht dürfte es kaum bessere Musik auf dem Nintendo DS geben.
Abschließend ein Kommentar zur deutschen Übersetzung: Auf der einen Seite ist diese liebevoll ausgearbeitet und erinnert an die starke Arbeit, welche bereits beim achten Dragon Quest für die PlayStation 2 geleistet wurde. Auf der anderen Seite besitzen manche Völker einen eigenen Dialekt, der den klischeetriefenden Franzosen oder Russen imitieren soll. Die bewusst falsche Grammatik wirkt anfangs lustig, entpuppt sich jedoch auf Dauer als störend.
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