Bereits vor einem Jahr trafen diverse kampferprobte Haudegen aus den Capcom-Beat'em Ups gegen die lange Jahre härtesten Widersacher des Arcade-Experten SNK. Nun gehen Ryu, Ken, die Bogard-Brüder, Chun-Li, Yuri und wie sie alle heißen erneut aufeinander los – erstmals auf Nintendos GameCube.
| Das Intro ist recht simpel ausgefallen. |
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Tradition verpflichtet
Nach dem eher unspektakulären und spielerisch mittelmäßigen 'Street Fighter' schuf die Spieleschmiede mit 'Street Fighter 2' einen Nachfolger, der sowohl in den Arcades als auch in Form der Heimversion auf Super Nintendo einen riesigen Erfolg verbuchen konnte. Der 2D-Prügeltitel revolutionierte tatsächlich das Genre und zählt noch heute als einer der Urväter der heutigen Beat'em Ups. Klar, dass von 'Street Fighter 2' ganze Massen an Umsetzungen für alle möglichen und schier unmöglichen Plattformen erschienen sind und auch zahlreiche Updates und Fortsetzungen durften nicht fehlen – sowohl in den Spielhallen als auch auf den Heimkonsolen. Vor allem hierzulande etwas weniger bekannt ist die japanische Spieleschmiede SNK, die sich voll auf den Arcade-Markt konzentrierte und mit dem NeoGeo auch eine passende Arcade-Konsole veröffentlichte, mittlerweile aber nicht mehr existiert. SNK hatte ebenfalls verschiedene 2D-Beat'em Ups im Programm, so dass es nicht überrascht, dass es unter den Beat'em Up-Anhänger lange Jahre heiße Diskussionen gab, ob die Capom-Prügler oder die SNK-Titel besser wären.
In erster Linie genau an solche Fans richtet sich 'Capcom vs. SNK 2 EO: Millionaire Fighting 2001', denn hier treffen die bekanntesten Charaktere aus den Beat'em Ups der beiden Firmen aufeinander – insgesamt 44 Figuren sollten selbst anspruchsvollste Prügelanhänger zufrieden stellen, zumal noch einige freischaltbare Figuren versteckt sind. Wer schon mal ein Beat'em Up gespielt hat, wird sich sofort heimisch fühlen: Zunächst bildet ihr ein Team aus drei Charakteren und kämpft dann nacheinander in Einzelfights gegen Vertreter anderer Teams. Wurde einer Figur die komplette Energie weggeprügelt, springt dessen Partner für ihn ein – sind alle Charaktere eines Teams besiegt, hat die Gegenseite gewonnen.
| 44 Charaktere stehen zur Auswahl. |
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Einfach und schwierig
Der Zusatz 'EO' im Namen bedeutet übrigens 'Easy Operations', womit auch schon die größte Neuerung im Vergleich zum PS2-Pendant erwähnt ist. Für das Beat'em Up-mäßig eher unerfahrene GameCube-Volk und für Prügelneulinge wurde eine vereinfachte Steuerung ins Spiel integriert. Anstatt komplizierte Button- und Richtungskombinationen zu betätigen, um diverse Special-Moves und Combos zu starten, reicht es hier aus, den rechten Analog-Stick in eine Richtung zu drücken. Beat'em Up-Experten, die bei so was entsetzt die Nase rümpfen, dürfen auf Wunsch aber natürlich auch mit den üblichen Joypad-Verrenkungen spielen. Gleiches gilt für die Tastenbelegung, die es in zwei Varianten gibt: Entweder ihr benutzt die beiden Analog-Schultertasten, um je nach Druckstärke leichte, mittlere oder starke Schläge und Tritte auszuteilen, oder ihr benutzt für jede solche Attacke einen einzelnen Knopf – leider sind beide Varianten aufgrund des GameCube-Paddesigns sehr gewöhnungsbedürftig und selbst nach einigen Spielstunden nicht wirklich gelungen. Gleiches muss man bei der Bewegungsführung der Charaktere feststellen – der linke Analog-Stick ist dafür besonders bei Special-Moves-Kommandos einfach zu unpräzise, das Digi-Kreuz hingegen zu klein und für längere Spieldauer etwas unbequem positioniert.
| Ein Capcom-Klassiker: Ryu gegen Ken. |
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Somit sind bereits die beiden Hauptmankos von 'Capcom vs SNK 2 EO' auf GameCube genannt: die schlechte und sehr gewöhnungsbedürftige Steuerung und das unausgegorene EO-System mit den vereinfachten Moves, durch welche die Matches zu einer simplen und unausbalancierten Special-Moves-Schlacht werden, der jeglicher Anspruch fehlt. Immerhin lässt sich dies ja wie schon erwähnt abschalten. Ansonsten gibt es hingegen kaum etwas zu klagen. Allein die Anzahl an Spielmodi kann sich sehen lassen: Neben dem typischen 'Arcade'-Modus und dem am meisten für Spaß sorgenden 'Vs'-Modus für zwei Spieler gibt es außerdem einen 'Survival'- und 'Trainings'-Modus und die Möglichkeit, Kämpfe in einem Replay abzuspeichern. Des Weiteren lassen sich die Farben der Figuren editieren, was zu skurrilen Anblicken führen kann. Trotz der Vereinfachungen der 'EO'-Variante bietet das Gameplay viel Tiefgang – die Figuren mit ihren Special-Moves sind gut aufeinander abgestimmt und die Combos schon fast eine Wissenschaft für sich. Dies wird durch die so genannten Grooves noch unterstützt, von denen euch vor den Kämpfen sechs zur Verfügung stehen. Sie beeinflussen einige Details wie das Blocken, das Ausweichen oder die Super-Comboanzeigen, so dass es sich lohnt, etwas mit den Grooves experimentieren.
| Die animierten Hintergründe wirken lebendiger als die Figuren. |
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Altbackene Grafik und Sound
Wie schon bei den unzähligen Vorgängern der beiden Beat'em Up-Schmieden setzt auch 'Capcom vs SNK 2 EO' auf klassische 2D-Bitmap-Grafik. Gerade im Hinblick auf die Hardware-Power des GameCube wirkt die Optik aber stark veraltet. Die 2D-Charaktere sind zwar hübsch designt und besitzen unter Veteranen natürlich den Oldie-Bonus, aber gerade im Hinblick auf Animationen enttäuscht das Ganze. Schon etwas besser gefallen da die farbenfrohen und mit vielen Details versehenen Hintergründe. Diese bieten sogar einige gelungen integrierte große 3D-Objekte wie ein Schiff oder vorbeibrausende Jeeps. Insgesamt hätte man sich aber noch etwas mehr Hintergründe gewünscht. Kein Grund zur Klage bietet dagegen das abgefahrene Menüdesign, die kurzen Ladezeiten und die PAL-Anpassung inklusive 60 Hz-Unterstützung. Weniger gefällt dagegen der Sound, der sehr arcadelastig ausgefallen ist – was in punkto Soundefekte noch in Ordnung geht, nervt bei den Hintergrundmelodien durch nervöses, rockiges Japano-Gedudel.
Oh je, mit der Umsetzung des gelungenen PS2-Beat'em Ups 'Capcom vs SNK 2' haben die Entwickler einiges eher verschlimmert: Das neue 'EO'-Feature zeigt sich in der Praxis als unausgegoren, unpassend und den Spielspaß hemmend, am unglücklichsten ist aber die zugegeben schwierige Adaption der Steuerung auf das GameCube-Joypad gelungen, mit dem selbst nach einigen Stunden Spielzeit nicht so richtig heiße und komplexe Prügelduelle gelingen wollen. Ein weiterer Wermutstropfen ist die veraltete Grafik mit den zu wenigen Animationen der Kämpfer. Schade um die vielen gelungenen Charaktere, das komplexe Kampfsystem und die vielen Einstellungsmöglichkeiten. So bleibt ein Titel, der nur hartgesottenen 2D-Beat'em Up-Anhängern mangels Alternativen auf dem GameCube zu empfehlen ist.
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