Test - Valhalla Hills : Der Aquariumeffekt
- PC
Knapp zwei Jahrzehnte ist das Konzept des Aufbauklassikers Siedler 2 nun schon alt und es erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Während Siedler 8 auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, möchte das aus Oberhausen stammende Funatics-Team in die Bresche springen. Abseits der klassischen Farm-Mühle-Backhaus-Produktionsketten wartet Valhalla Hills mit einem besonderen Szenario auf: Wikinger an die Macht! Wir haben fleißig aufgebaut und verraten euch im Test, ob der Titel die Lücke füllen kann.
Die Oberhausener sind keine Unerfahrenen in dem Genre, da sie bereits mit der Cultures-Serie zu glänzen wussten. Die Titel kombinierten Spielwitz mit einer knuddeligen Optik und einem beinharten Aufbaupart. Bei Valhalla Hills verhält es sich ähnlich. Die mehr als potente Unreal-4-Engine lässt optisch die Muskeln spielen. Solltet ihr der knuffigen Darstellung auch nur einen kleinen Hauch abgewinnen können, verliebt ihr euch binnen wenigen Sekunden in eure fleißigen Wikinger.
King of the Hill
Wikinger sind selten Hauptdarsteller in Spielen. Umso erfreulicher, dass sie in Valhalla Hills ihrer täglichen Arbeit nachgehen und unter eurer Führung ganze Siedlungen erschaffen. In der dürftigen Geschichte ist dies auch Lekos liebste Freizeitbeschäftigung, was seinen Vater, Gott Odin, auf den Plan ruft. Der ist erbost darüber, dass sich Leko seiner Meinung nach nicht wie ein richtiger Mann verhält.
Lieber würde er den Sprössling raufen und saufen sehen und verbannt ihn kurzerhand auf die Erde. Obendrein verwehrt Odin allen Wikingern den Zutritt zu Walhalla. Zum Trotz hilft Leko den Bartträgern dabei, die Berggipfel zu erklimmen, auf denen sich Portale nach Asgard befinden. Das war es dann mit der Geschichte. Zu wenig, um daraus Motivation zu ziehen, zumal ihr weder mit tollen Zwischensequenzen noch mit tollen Dialogen bei der Stange gehalten werdet.
Portal 3
Nach dem Tutorial, das euch nur mit schnöden Texteinblendungen das Nötigste erklärt, beginnt jede Mission auf die gleiche Weise. Ihr seid mit fünf Wikingern am Fuße eines Berges und müsst durch geschicktes Aufbauen auf die Spitze vordringen. Auf dem Gipfel erwartet eure Siedler ein Portal, das sie nach Walhalla bringen soll. Allerdings wartet hinter den Portalen nicht das Ende des Spiels, sondern nur eine neue zufallsgenerierte Karte. Das mag enervierend klingen, ist es aber nicht. Denn bei jedem neuen Berg, den es zu besteigen gilt, habt ihr andere Herausforderungen zu meistern.
Mal stehen euch feindliche Geistertruppen im Weg oder ihr setzt euch mit angriffslustigem Jagdwild auseinander. Die besondere Stärke des Spiels liegt im Aufbau von Siedlungen. Man lässt euch jedoch beim Austüfteln von Produktionszweigen und den benötigten Waren ziemlich allein. So seid ihr immer am Austarieren, ob die wachsende Bevölkerung ausreichend mit Essen oder Werkzeug versorgt ist. Neue Bewohner werden einfach per Knopfdruck gerufen, sofern ihr für ausreichend Schlafplätze gesorgt habt. Nur die ersten Siedler legen sich zum Schlafen unter den freien Himmel.
Wie eine Lavalampe
Valhalla Hills ist im Gegensatz zum neuesten Anno-Teil ein total entschleunigtes Spiel. Während ihr beim Aufbaugiganten innerhalb von einer Stunde Zehntausende von Bewohnern zählt, kümmert ihr euch bei Valhalla Hills um jeden einzelnen eures Dorfes. Die Produktionsgebäude verlangen nach zugewiesenen Trägern, die die Ware vom Holzfäller zum Sägewerk liefern. Spätestens wenn ihr eure erste Farm mit der Mühle und dem Backhaus hochzieht, verliert ihr euch im ganzen Gewusel. Es macht Spaß, dem Treiben zuzusehen. Der Tag-Nacht-Wechsel erlaubt auch den Blick in die tiefdunkle Nacht, die durch ihre malerische Idylle den Effekt einer Lavalampe auslöst.
Leider haben eure Mannen gelegentlich mit KI-Aussetzern zu kämpfen. Der Müller ist gemächlich und nimmt sich manchmal zu viel Zeit, die vollgestopfte Farm um ihr Korn zu erleichtern. Hatten wir ein Lagerhaus errichtet, kam es im Test gelegentlich vor, dass der Lagermitarbeiter schneller beim Farmer als der Müller angekommen ist. Der Müller bequemte sich nach seinem Gang von der Farm zurück zur Mühle, nur um dann wiederum das Lager aufzusuchen. Da ihr eure Wikingerschützlinge nicht selbst steuern könnt, wagen sie sich trotz gut gefüllter Essenslager in den Wald voller Wildtiere – wo sie das Zeitliche segnen.
Wohlige Atmosphäre
Die Optik ist knuddelig und lädt zum Zuschauen ein. Sofern noch kein Werkzeugmacher seine Arbeit verrichtet, gehen gestandene Holzfäller dennoch in den Wald und boxen mit bloßen Fäusten einen Baum um. Das Freischalten von neuen Wirtschaftsgebäuden funktioniert tadellos und motiviert zum Weiterspielen. Doch habt ihr erst mal alles gesehen, bleibt von der Langzeitmotivation wenig übrig. Denn Valhalla Hills hält euch danach nicht weiter bei der Stange.
Während die Grafik sich malerisch gibt, fällt die Klangkulisse etwas enttäuschend aus. Die Hintergrundmusik fängt das Szenario nicht gekonnt genug ein. Weitere Sound-Effekte, wie vertonte Gespräche unter den Wikingern, werden schmerzlich vermisst. Besonders bei diesen Punkten fühlt sich das Aufbauspiel noch zu sehr nach Early-Access an.
Kommentarezum Artikel