Test - Raven's Cry : Kanonenfutter für Piraten-Fans?
- PC
Ein Kamerablick in die Sterne
Die Haupt-Story sorgt leider nicht dafür, dass ihr euch auf sie freut. Die Erzählung der Geschichte ist recht platt, die Dialoge sind unfreiwillig komisch und die Ausdrucksweise – insbesondere von Christopher Raven – besteht in erster Linie aus Schimpfwörtern. „Wichser“, „Schwuchtel“ oder „F... dich“ sind da nur die harmloseren Worte, die Raven im Sekundentakt abfeuert. Kommen wir noch einmal zur Spielwelt zurück. Zu dem Manko, dass ihr sie nicht frei erkunden könnt, kommt hinzu, dass sie alles andere als lebendig wirkt. Tiere beispielsweise seht ihr nur sehr selten. Und da viele NPCs starr in der Gegend herumstehen, wirkt die Umgebung sehr statisch und gleicht eher einer Kulisse, die auf ihren Einsatz wartet.
Dafür bringt die Kamera ordentlich Action ins Geschehen. Bei Gesprächen schwenkt sie gerne mal von eurem Gegenüber weg und blendet zum Beispiel die Dachbalken einer Taverne ein. Oder euch wird ein Blick in den blauen Himmel gewährt, während das Gespräch munter weiterläuft. Auch in den Kämpfen ist die Kamera nicht immer dort zu finden, wo ihr sie gerne hättet. Das ist jedoch das geringere Übel, denn die Kämpfe an sich arten in reines Tastengehämmere aus. Taktisch geht hier gar nichts vonstatten und statt die Degenhiebe eurer Gegner zu parieren, solltet ihr lieber munter auf die Angriffstaste drücken. Auf diese Weise gewinnt ihr nahezu jedes Gefecht, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen.
Oft passiert es auch, dass eure Gegner in eine Starre verfallen und sich nicht mehr rühren. Nutzt den Vorteil, schlagt zu und ihr geht als Sieger aus den Schlachten hervor. Ein anderes Negativbeispiel ist der Einsatz der sogenannten Spezialfertigkeiten, die Raven nach und nach lernt. Sehr absurd ist es, wenn ihr im aktiven Kampfgeschehen einen Schleich-Skill aktiviert. Dieser Skill wird dann nicht etwa abgebrochen, da euch euer Gegner ja sieht und mit seinen Waffen bearbeitet. Nein, ihr verschwindet für ihn offenbar, der Gegner rührt sich nicht mehr, ihr schleicht um ihn herum und tötet ihn kurzerhand von hinten. Spannende Degengefechte gehen anders, das wusste einst sogar Sid Meier in seinem Pirates!
Rettung auf hoher See?
Einziger Lichtblick sind die Seegefechte, die ihr immer wieder mal bestreiten müsst. Die Schiffe besitzen ein Schadensmodell und die Wasseranimationen sehen recht ordentlich aus. Ihr könnt unterschiedliche Munitionsarten einsetzen und so beispielsweise die Segel des anderen Schiffs bearbeiten, den Rumpf unter Beschuss nehmen und vieles mehr. Da wird hin und wieder sogar ein wenig taktisches Denken gefordert. Leider sorgt Raven auch hier dafür, dass ihr die Kämpfe bald leid seid. Permanent beschimpft er seine Crew und geht dabei das komplette Schimpfwortlexikon 2015 durch.
Immerhin könnt ihr, wenn euer Gold es erlaubt, euer Schiff erweitern oder es gleich durch ein neues und größeres ersetzen. So erlangt ihr mit der Zeit ein recht stattliches Kriegsschiff und könnt auf Beutezug gehen. Die Seereisen von A nach B sind dann aber schon wieder mehr als langweilig. Ihr bekommt eine Kartenansicht angezeigt, auf der euer Schiff ein simpler Punkt ist, dessen Route ihr hier verfolgt - eine Ansicht, die in jeder Wirtschaftssimulation willkommen ist, in einem Action-Adventure aber eher nichts zu suchen hat. Nicht zu vergessen: In den Seegefechten habt ihr immer wieder die Möglichkeit, andere Schiffe zu entern. Auch hier greift ihr aber eher selten aktiv ein, sondern schaut nur eurer Mannschaft zu.
Wie gut deren Chancen stehen, das andere Schiff in euren Besitz zu bringen, seht ihr an den Anzeigen auf dem Bildschirm. Leider könnt ihr gekaperte Schiffe nicht übernehmen. Ihr plündert sie und versenkt die Kähne dann, selbst steuern dürft ihr sie leider nicht. Viel mehr bietet Raven's Cry nicht. Immer wieder bestreitet ihr See- und Landgefechte, hin und wieder absolviert ihr kleinere Bringdienste oder geht die wenigen Nebenaufgaben an. Bei der Synchronisation wurde ganz offensichtlich gespart, denn immer wieder hört ihr die gleichen Sprecher, die im Körper verschiedener Charaktere stecken. Die Dialoge sind flach und unfreiwillig komisch, die Geschichte plätschert mehr als langweilig vor sich hin und reißt vermutlich niemanden vom Hocker.
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