Test - RAGE 2 : So geht fette Action!
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Klar, ich erinnere mich noch an RAGE. Aber das war es auch schon. Das Ding konnte mich einfach nicht begeistern. Es fehlte an Tempo, zudem war mir die Ballerei zu zahm. Doch diesen Vorwurf muss sich der Nachfolger nicht gefallen lassen. Im Gegenteil: RAGE 2 flippt geradezu aus!
Das spielbare Intro von RAGE 2 lässt mich zwischen Männlein und Weiblein wählen, danach darf ich mit einer etwas schwachbrüstigen Pistole ein paar Mutanten wegpusten. Kurz darauf taucht der fiese General Cross auf, der kurzerhand meine Ziehmutter killt und das einstige Zuhause in Schutt und Asche legt. Der Anführer der sogenannten Obrigkeit verkauft auch sonst keine Kekse für gute Zwecke, sondern will die Herrschaft über das Ödland an sich reißen und danach die Menschheit ausrotten.
Das kann ich natürlich nicht zulassen, also rappele ich mich auf und starte die groß angelegte Rettungsaktion. Natürlich bin ich der Einzige, der das schultern kann, und zwar aus einem bestimmten Grund: Meine besondere Ranger-Rüstung verleiht Superkräfte. Sie macht mich stärker, widerstandsfähiger und schneller als jeden normalen Soldaten im Ödland. Die bösen Jungs sollten panisch wegrennen, wenn sie mich nur kommen sehen.
Erst aufs Maul bekommen ...
Das Dumme daran ist nur, dass mir zu Beginn besagte Kräfte schlichtweg fehlen. Das merke ich schnell. Weil ich zum erstbesten Banditenunterschlupf laufe und mit meiner niedlichen Wumme drauflosballere, hole ich mir gleich einen Satz heiße Ohren. Von allen Seiten stürmen irre Punks auf mich los, werfen Granaten oder feuern ihre Gewehre ab. Ich bekomme richtig den Hintern versohlt und nach ein paar gescheiterten Versuchen gebe ich auf. Superweichei statt Supersoldat, denke ich mir. Wo bleibt denn da der Spaß?
Erst beim Blick auf die Karte bemerke ich, dass jede Mission mit einem Level versehen ist. Stufe 3 war für meinen schlappen Ranger dann doch etwas zu krass. Also widme ich mich zunächst den leichteren Aufgaben. Schnell lerne ich, dass der Erfolg mit meiner Ausrüstung steht und fällt. Doch die kommt mir nicht zugeflogen, sondern muss gefunden werden. In den über das ganze Ödland verstreuten Archen verstecken sich neue Waffen und zusätzliche Fähigkeiten, die aus meiner halben Portion nach und nach einen absoluten Berserker machen.
… und dann aufs Maul geben!
Als ich die ersten Punks mit meiner neuen Schrotflinte gegen die Wand klatsche, beginnt RAGE 2 richtig Bock zu machen. Denn die Pumpe ist ein klassisches ID-Software-Modell, was bedeutet, dass ihre Durchschlagskraft selbst einen tobenden Elefanten ausknocken würde. Natürlich kann ich die Knarre, genau wie alle anderen, aufleveln und so beispielsweise schneller nachladen oder ein größeres Magazin nutzen. Allerdings ist das nur die halbe Miete. Richtig fetzen die Wummen erst in Kombination mit den besonderen Ranger-Kräften, die ich ebenfalls aus den Archen hole. Mit Doppelsprung, Dash-Hieb, Slam und mehr entwickeln sich die Kämpfe vollends zu einem Actionrausch.
Ich renne rein ins Lager und zerlege im Nahkampf die ersten Punks mit der Shotgun. Es folgt der fliegende Wechsel zum Sturmgewehr, das zwei Scharfschützen per Headshot von der Brüstung holt. Die heranlaufende Gruppe begrüße ich mit einer Granate und dem messerscharfen Wingstick-Bumerang. Wer danach noch steht, wird vom Slam gekillt, dessen Schockwelle alle Gegner im Wirkradius in die Luft schleudert oder gleich platzen lässt.
Die schnell aufeinanderfolgenden Kills haben inzwischen meinen Overdrive gefüllt. Einmal aktiviert, werden sämtliche Fähigkeiten und Waffen kurzzeitig enorm verstärkt. In diesem Zustand wird einfach alles weggefegt, selbst dicke Brocken haben gegen die zusätzliche Power kaum eine Chance.
RAGE 2 pfeift auf Schleichen und Taktik, es kennt nur den Modus Vollgas. Dabei habe ich das gute Gefühl, mit jedem Upgrade, jeder Waffe und jeder neuen Fähigkeit mächtiger zu werden. So pflüge ich durch immer größere und schwierigere Banditenlager, gehe auf Kopfgeldjagd, säubere Mutantennester, zerstöre Wachtürme der Obrigkeit oder erledige riesige Monster, die in dunklen Höhlen und Abwasserkanälen auf eine Abreibung warten. Nach getaner Arbeit durchforste ich das Gebiet nach Schatztruhen, die mich mit Geld und anderen Gütern belohnen.
Damit wird bei den Händlern in den Städten eingekauft. Schließlich braucht selbst ein Supersoldat zwischendurch neue Munition, Granaten und ein paar Heilspritzen. Nach einer Weile kann ich manches davon aber auch selbst aus gesammeltem Schrott herstellen. Abgesehen davon muss ich mir um Sammelkram keinen Kopf machen, sondern kann mich ganz auf die Ballerei einlassen.
Etwas ödes Land
Durch die große, offene Spielwelt muss ich glücklicherweise nicht laufen, sondern darf mit mehreren Fahrzeugen herumheizen. Meist setze ich auf den Phönix, eine Art bewaffneten Geländewagen. Ja, auch während der Fahrt darf geballert werden, um die schwer gepanzerten Konvois zu stoppen, die überall unterwegs sind.
Hier erinnert der Ablauf sehr an Mad Max. Das kommt wenig überraschend, schließlich waren die Avalanche Studios auch für diese spielbare Endzeit verantwortlich. Allzu präzise steuern sich die Vehikel zwar nicht, doch glücklicherweise hat man im Ödland meist eine große Auslaufzone. Der Phönix darf auch getunt werden, unter anderem mit neuen Geschützen und einem Schleudersitz für brenzlige Situationen.
Die optionalen Rennen und Autokämpfe sind kurzweilig, aber auch die einzige Beschäftigung auf dem Weg von einem Schauplatz zum nächsten. Mir persönlich haben die mitunter längeren Fahrten wenig ausgemacht. Dennoch hätte die Welt gerne kleiner ausfallen dürfen, um den Leerlauf einzuschränken. Außerdem wären mir dadurch die ständigen und teils heftigen Pop-ups und nachladenden Texturen erspart geblieben.
Sobald ich jedoch eine der Städte betrete oder mich in die Action stürze, macht RAGE 2 eine grafisch gute Figur. Stilistisch wirkt es dann wie eine neongetränkte Punkalternative zu Mad Max, die einen guten Schuss Borderlands-Ästhetik abbekommen hat. Die erwähnten technischen Probleme halten sich hier in engen Grenzen.
Zum Schluss folgt das große Aber: Auf den normalen Versionen von PS4 und Xbox One ist die Bildrate auf 30 fps festgelegt. Das raubt dem gesamten Spiel leider viel Dynamik und Geschmeidigkeit. Besitzt ihr PS4 Pro oder Xbox One X, läuft RAGE 2 mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde in 1080p-Auflösung. PC-Spieler kommen dagegen ohne eine Limitierung der Bildrate aus und können außerdem eine höhere Auflösung wählen.
Anmerkung: Unser Test basiert auf der PC-Version.
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