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Test - Cult of the Lamb : So süß und doch so derb

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Wenn Devolver draufsteht, ist meistens nicht nur ein richtig gutes Spiel drin, sondern auch ein abgefahrenes Design, angesichts dessen man sich fragt, ob bei deren Indie-Studios die Büro-Kaffeemaschine womöglich eine Pilzkultur angelegt hat. Und so wundern wir uns nicht mehr darüber, dass Cult of the Lamb – oberflächlich betrachtet eine Mischung aus prozeduralem Zelda, Animal Crossing und Paper Mario – abermals sämtliche Voraussetzungen für eine Nominierung des freakigsten Spiel des Jahres erfüllt.

Natürlich Lämmer, was sonst. Kein anderes Tier hat mehr Symbolkraft, wenn es um religiöse Bezüge geht. Um Glauben, um Gefolgschaft, um Hingabe. Sie sind sinnbildlich gesprochen die Naiven, die Willfährigen, die Manipulierbaren. Ausgerechnet ein Volk von Lämmern gründet in diesem Spiel einen Opferkult, in dem einzelne Mitglieder in aller Heiligkeit lächelnd fromm jede Arbeit verrichten, genügsam sind, ja gar feiern, wenn einer der ihren in einem satanisch anmutenden Ritual geopfert wird. Und während das passiert, grins ich auch noch schelmisch, statt Entsetzen zu empfinden. Gratulation, liebe Leute von Massive Monster, ihr habt den Nerv meines schlechten Geschmacks getroffen.

Aber wie sollte ich dem Charme von Cult of the Lamb auch widerstehen. Ein Spiel, dessen Niedlichkeitsfaktor trotz düsterer Farben und noch dunklerer Handlungen mein Gehirn überzuckert. Schaut sie euch an. Sind sie nicht lieb, meine kleinen Wollknäule? Ich würde sie am liebsten knuddeln, wenn sie mühsam schwitzend Holz und Steine abbauen oder sich in ihren Hütten zum Schlafen hinlegen. Sie sind so rein und unschuldig, dass ihnen jede noch so kleine Missetat unangenehm ist. Selbst wenn sie ihre Notdurft verrichten, schauen sie einige Sekundenlang peinlich berührt in die Wäsche, als ob sie ihrer Natur überdrüssig wären.

Meine Güte, wäre das alles herzallerliebst, wenn mein religiöser Kult nur nicht auf bitterbösen Ritualen basieren würde. In jedem meiner Schäfchen steckt ein liebenswertes Stück Persönlichkeit. Manche sind schüchtern, manche fleißig, andere faul und zynisch. Und dann gibt es solche, die gerne wissen würden, wie ein Kot-Auflauf schmeckt. Warum sollte ich ihnen diese Erfahrung verweigern?

Nun, keinem von ihnen schau ich gerne beim Leiden zu. Etwa beim Hungern oder beim Kranksein. Darum stecke ich besonders viel Mühe in den zeitaufwändigen Management-Teil dieses Spiels, bei dem ich auf einer begrenzten Baufläche sämtlichen Nöten entgegenwirke. Ja, auch dem Verlangen nach einer Kotmahlzeit. Vor allem aber in Fragen des Zusammenhalts, denn das bringt mir zwei Grund-Ressourcen ein, die mir das Freischalten neuer Upgrades ermöglichen: Glaube und Hingabe. Das eine brauche ich, um die Nähe zur Gottheit zu stärken, das andere, um jedes einzelne meiner Schäfchen stärker an mich zu binden, sodass es im Kult bleibt, auch wenn die Lebensumstände mal schlechter werden.

Dazu braucht es einiges. Den Bau eines Tempels, das Anlegen von Feldern, auf denen Früchte wachsen, das Kochen von Mahlzeiten oder das Abhalten von Predigten, die den Kult fest zusammenhalten. Ich segne meine Schäfchen einzeln (ja, jeden für sich), berate sie, etabliere Lebensregeln anhand von Doktrinen und Teile ihnen Aufgaben auf dem Gelände zu, damit ich die ganze Schufterei nicht allein bewerkstelligen muss.

Das Schaf um Wolfspelz

Direkt steuern kann ich nämlich nur eines der Schafe. Sozusagen das Masterschaf, den Auserwählten, der als letzter seiner Rasse hingerichtet wurde und auf diese Weise direkt zu seinem (vermeintlichen) Schöpfer im Himmel kam. Die grimmig dreinschauende Gottheit namens „Jener der wartet“ ist erbost von der Dreistigkeit der ungläubigen Peiniger, darum schickt er den Auserwählten zurück in die Welt der Sterblichen, auf dass er alle in Monster verwandelten Schäfchen, die unter dem Einfluss der Ungläubigen leiden, befreit und bekehrt. Irgendetwas ist faul an der Geschichte, aber davon will mein Masterschaf nichts wissen. Es gehorcht lammfromm, sucht den nächstbesten Wald im Gebiet der Ungläubigen auf und metzelt durch deren Lande, in der Hoffnung neue Anhänger zu finden.

Während ich diese Zeilen schreibe, wird mir erst richtig klar, wie bizarr das klingt. Stellt euch das mal in der Realität vor. Eine Religionsgemeinschaft, die alle abschlachtet, die ihr nicht folgen? Endgegner, die nach dem Besiegen wieder zu gläubigen Schäfchen werden, ja gar bekehrt werden wollen? Sehe ich da etwa Kontext, liebe Leute von Massive Monster? Spieglein, Spieglein?

Sei es drum, der Woll-Dschihad nimmt einen blutrünstigen Lauf, der spielerisch stark an das erste Zelda auf dem NES erinnert. Soll heißen, mein Lamm metzelt sich mithilfe einer Klinge und einem Zauber durch vier prozedural generierte Dungeons, die mehrere Untersegmente und Abzweigungen aufweisen. Jedes Dungeon-Segment gliedert mehrere in sich abgeschlossene Areale in zusammenhängende Abschnitte, die linear abgeklappert werden, wobei jeder Raum nur einen Bildschirm groß ist. Beim Übergang in den nächsten Raum blättert die Grafik um. Was man fast schon wörtlich nehmen kann, denn ähnlich wie bei Paper Mario bestehen sämtliche Grafikelemente aus zweidimensionalen Pappaufstellern. Sieht klasse aus und spielt sich ungemein zügig! Schatzkisten öffnen sich selbst, Kampfhandlungen sind unkompliziert, und überhaupt muss man bei Cult of the Lamb nie einen Schritt mehr machen als nötig.

Neue Waffen, neues Glück / Pech?

Was nicht heißt, es gäbe keine Herausforderung. Welche Waffen und Zauber bei den Runs zum Einsatz kommen, wird nämlich bei jedem neuen Run neu vorbestimmt. Beim Betreten eines Dungeons liegen immer zwei Verteidigungsutensilien aus, die man zwingend mitnehmen muss. Mal bekommt man ein durchschnittliches Schwert, mal eine starke, aber langsame Axt, einen noch viel langsameren, aber mächtigen Hammer oder einen flinken, wenn auch schwachen Dolch. Zusätzliche Attribute auf den Klingen gewähren eine prozentuale Chance, Gegner zu vergiften oder ihnen Lebenskraft zu entnehmen, die in der eigenen Energieleiste landet. Ähnlich verhält es sich bei den begrenzt einsetzbaren Zaubersprüchen, die mal Feuerbälle verschießen, mal Tentakel aus dem Boden wachsen lassen und Mal eine Druckwelle erzeugen, die alle Gegner in einem vorbestimmten Radius wegstoßen.

Obwohl die prozedural generierten Dungeons gelegentlich Shops mit neuen Waffen und Zaubersprüchen einflechten, fühle ich mich immer wieder dem Losglück ausgeliefert. So praktisch ein schneller, womöglich sogar vergifteter Dolch auch sein mag, aufgrund seiner Kürze erhöht er das Risiko maßgeblich, von großen Monstern verletzt zu werden. Ebenso wie die langsame Axt flinken Gegnern einen Vorteil verschafft. Völlig gleich also, welche Waffe man bekommt, die Voraussetzungen sind nie ideal. Selbst die Anzahl der Lebens-Herzchen schwankt mitunter, weil Schamanen zufällig ausgespielte Taro-Karten anbieten, die beim Verlassen des Dungeons an Wirkung verlieren.

Cult of the Lamb - Indie World Showcase Trailer

Das vielversprechende Indie-Actionspiel Cult of the Lamb wurde im Rahmen des Indie Showcase nun auch für die Switch angekündigt.

Ich muss mich mit jedem neuen Anlauf umgewöhnen und neue Strategien ausprobieren. Flexibilität ist bei Cult oft he Lamb überlebenswichtig, aber nicht immer leicht. Wählbare Schwierigkeitsgrade mögen Wutanfälle verhindern, kleine Frustpickel wachsen trotzdem. Echte Roguelike-Elemente bleiben zum Glück aus. Beim Ableben verliere ich einen Anteil der gesammelten Ressourcen, einschneidende Konsequenzen muss ich jedoch nie befürchten. Und da ein Run stets im Zeitraum von acht bis neun Minuten erledigt ist, weckt ein Neustart selten grummelige Gefühle in mir.

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So oder so bleibt mir nichts anderes, als viele Male durch jedes der thematisch variierten Dungeons zu hotten. Einerseits öffnen sich die fortgeschrittenen Areale erst, wenn meine Gläubigen ein gewisses Glaubenslevel erreichen, andererseits bin ich stetig auf der Suche nach Ressourcen für meinen Kult, der sonst zu verhungern droht, keine neuen Gebäude mehr bauen kann oder aufgrund sterbender Mitglieder ausdünnt.

Obwohl ich deutlich mehr Zeit auf dem Gelände meines Kults verbringe (und sei es nur, um Kothaufen und Erbrochenes aufzulesen, damit die Verunreinigung nicht überhandnimmt) komme ich um ständige Dungeon-Runs nicht herum. So entsteht ein Kreislauf aus Kampf, Schäfchenpflege, sowie Upgrade und Bau neuer Einrichtungen, die so kurzweilig ist, dass man kaum merkt, wie die Zeit vergeht. Schade, dass der Spaß nur rund 15 Stunden hält.

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