Special - BioWare: History : Die RPG-Experten aus Kanada
- PC
- PS3
- X360
Es entzückte mit vielfältigen Möglichkeiten in Bezug auf Kampf, Charakterentwicklung und Dialogführung, mit vielen exotischen Rassen und Antwortmöglichkeiten, die einen nur mit Sprüchen à la „Meinen die das jetzt wirklich ernst?" zurückließen. Auch wir schlossen uns den MetaCritic-Jubelarien an, vergaben 92% und einen Award für das „wohl beste Rollenspiel in diesem Teil der Galaxis", wie Andreas damals schrieb.
Die dreimillionenfach verkaufte Star-Wars-Mär war zudem der Startschuss für eine herzliche Beziehung zur Redmonder Konsolensparte, denn die PC-Version folgte erst ein halbes Jahr nach der Xbox-Premiere. Und auch Jade Empire schubste 2005 zunächst nur Konsolenspieler in dieses mittelalterliche China voller Magie, Geister und Aberglaube, bevor die PC-Umsetzung zwei Jahre später nachgereicht wurde. Nach Shattered Steel war es BioWares erste selbst erschaffene Spielwelt abseits von Elfen und Zwergen der Vergessenen Reiche. Spätestens hier fragte sich jeder: Was braucht man eigentlich, um bei denen als Autor die Tastatur zu quälen?
Hand oder Faust - das ist hier die Frage
Im Interview gab uns Ray Muzyka die Antwort: „Hingabe. Den Willen zu experimentieren und innovativ zu sein. Und man muss die Kunst der nicht linearen Erzählung beherrschen." Was in Jade Empire mit höchst esoterischen Dialogen auf die Spitze getrieben wurde, die entweder in den „Weg der Offenen Hand" (Gut) oder den „Weg der Geschlossenen Faust" (Böse) mündeten. Spielwelt: faszinierend. Geschichte: packend. Dialoge: ausufernd. Was fehlte, war ein tief greifendes Charaktersystem. Das interne Regelwerk war sehr einfach gehalten: Es gab nur drei grundsätzliche Ausrichtungen, Amulette und diverse Kampfstile. Keine Spur von Rüstungen oder dem facettenreichen AD&D-Umfang früherer Werke.
Ende 2005 entstand unter dem Dach der Kapitalgesellschaft Elevation Partners eine 300 Millionen Dollar schwere Fusion von BioWare und den Pandemic Studios: die VG Holding Corp. Obwohl das Interesse an einer Zusammenarbeit beider Studios bekundet wurde, kam es bis dato nie dazu. Wenige Monate später gab man die Gründung von BioWare Austin bekannt, einem von den Ultima-Online-Veteranen Gordon Walton und Richard Vogel geleiteten Studio, das fortan den Markt der MMOGs abtasten sollte. Was 2010 draus werden soll, weiß inzwischen jeder, nachdem eines der wohl am schlechtesten gehüteten Geheimnisse der Branche gelüftet wurde: Star Wars: The Old Republic, das erste Online-Rollenspiel, das mit einer dramaturgisch aufrüttelnden Handlung und spielmechanischer Freiheit in Hinblick auf Entscheidungen und Lösungswege unter die Haut gehen soll.
Zwar nicht unter der Haut, aber unter der Platte des Büroschreibtischs, verankert im Modulslot von Nintendos DS, machte Sonic: The Dark Brotherhood eine gute Figur. Es war der erneute Beweis dafür, dass die Kreativität dieser ambitionierten Truppe nicht auf Fantasy-Welten beschränkt ist, dass man auch mit gegebenen Hintergründen und langsam vor sich hinmüffelnden Figuren wie Sonic und Co. echte Abenteuer inszenieren kann. Zwar nicht so packend und überraschend, wie man es von den Autoren erwartet hätte, und am Ende weniger komplex als die letzten RPG-Schwergewichte, aber ein DS-Einstand der Marke „Ist schon was Besonderes für die kleine Kiste".
In den Weiten des Alls
Dafür entzückten sie im Ende 2007 auf der Xbox 360 landenden Auftakt zum Sci-Fi-Epos Mass Effect mit brillantem Mienenspiel, einem fließenden Übergang von Zwischensequenzen zu Dialogen und einem Hintergrund von intergalaktischer Tragweite als Grundlage für eine Trilogie. Sterile Planetenoberflächen, die dem Erkundungsdrang einen dicken Dämpfer verpassten, teils einfallslose Nebenquests und spielmechanische Rückschritte gegenüber dem stilistisch ähnlichen Knights of the Old Republic musste man zwar verdauen. Aber unterm Strich war es immer noch ein spannender und technisch wegweisender Ausflug in die Weiten eines faszinierenden Universums, das sich auf dem PC wieder mal erst ein halbes Jahr nach der X360-Version entfaltete.
Was bleibt nach diesen Meilensteinen und der 800 Millionen Dollar teuren Übernahme der VG Holding Corp. durch den Branchenriesen Electronic Arts? Die derzeit in den letzten Zügen liegenden Arbeiten an Dragon Age: Origins. Erinnert ihr euch noch an die Bilder, die vor über vier Jahren auftauchten? Interessant, wie das damals aussah, oder? Dass dieses mit unermüdlicher Beharrlichkeit als „spiritueller Nachfolger von Baldur's Gate" bezeichnete Abenteuer richtig gut aussieht und sich sogar auf Konsole so anfühlt, verrät unsere aktuelle Vorschau. Euch erwarten taktische Gruppenkämpfe, eine von den Werken G.R.R. Martins (A Song of Fire and Ice) inspirierte, düstere Welt voller Intrigen und Blut.
Und vor allem die Vorfreude auf weitere spannende Stunden mit hochkarätiger BioWare-Unterhaltung. Auf die Fortsetzung der Mass-Effect-Trilogie, die hoffentlich mit einem dramaturgischen Paukenschlag endet. Muss Commander Shepard wirklich sterben? Schließlich sind er und sein Team in Teil zwei auf einer selbstmörderischen Mission unterwegs. Es bleibt die Freude auf die Wachablösung von Star Wars Galaxies, auf Freudenschreie, Tränen und viele Gänsehautmomente.
Herzlichen Dank nach Kanada für die vielen Stunden des Mitfieberns, Zitterns und Träumens. Auf die nächsten 14 Jahre. Haut rein, wir wollen was sehen.
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