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Test - Bionic Commando : Knackig, knifflig, prächtig

  • PS3
  • X360
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Lost Planet ist schon so verdammt lange her, der zweite Teil noch nicht in Sichtweite und Resident Evil 5 mittlerweile im Schrank. Wann gibt es endlich mal wieder ein spannendes Abenteuer mit pompöser Kulisse, kräftigen Feindbildern und kribbelnder Bosskampfdramatik? Vielleicht bei Bionic Commando? Haben Capcom und GRIN hier das große Kaliber im Angebot?

„Sie haben verspielt." Dieser Satz begleitete mich rund zehn Stunden lang. Vom Anfang in den zerfurchten Straßenschluchten Ascension Citys bis zum pathetischen, viele Fragen offen lassenden Ende. Was zunächst so klingt, als hätte ein übernächtigter Ü-30er in der Midlife-Crisis sämtliche Ersparnisse in einem muffigen Kasino verzockt, heißt in Bionic Commando: Game over. Mausetot. Von Kugeln zersiebt. Abgestürzt. Erschlagen. Zerbombt. Was denkbar einfach passieren kann, denn dieses Spiel ist ein Miststück, eine echte Bitch, die euch in den ersten Stunden hundertmal eiskalt abblitzen lässt und die Annäherungsversuche trotzig abschmettert.

Aber dann erbarmt sie sich. Man bandelt mit ihr an, blickt hinter die biestige Fassade, lernt ihre Persönlichkeit, die Feinheiten der Schwung- und Kampfmechanik besser kennen. Und hangelt sich vor prächtiger Kulisse an vielen Spielspaßankern durch ein Abenteuer, das die anfängliche Ernüchterung schnell in Begeisterung umschlagen lässt.

Aber bis es so weit ist, steht erst mal ein Knall auf dem Programm. Und zwar ein großer, der mächtig Eindruck schindet. Einer, der Ascension City bis auf die Grundmauern zerstört und bionischen Terroristen den Weg ins Rampenlicht ebnet. Die Regierung sieht keine andere Lösung, als Nathan Spencer wieder in die Spur zu helfen. Einem ihrer besten Männer, der in der Todeszelle vor sich hinsiecht und auf den Tag der Hinrichtung wartet. Schließlich ist er ja ein bionisch verbesserter Kämpfer mit einem Arm, der als Greifhaken und Allzweckwaffe fungiert. Außerdem sind seine Tage als NES-Held lange vorbei. Und überdies wurden bionische Upgrades und ihre Träger ja verdammt und verbannt. Oder ins Gefängnis geworfen.

Dem sagt Rastakopf Spencer aber schon im Intro goodbye, um im Auftrag seiner früheren Brötchengeber die Bedrohung aufzuspüren. Und immerhin schimmert in Gestalt seiner verschwundenen Frau nicht nur ein Gespenst der Vergangenheit, sondern auch sein persönlicher Antrieb durch. Dieser zwielichtige Joseph Gibson weiß angeblich was. Aber er verrät Spencer nichts, bis dieser den Karren aus dem Dreck gezogen hat.

Bionic Commando - Launch-Trailer
Bewegte Szenen aus Bionic Commando.

Faszination des Niedergangs

Er lässt ihn lieber in eine Stadt reinstolpern, die euch die furchtbare Fratze der Zerstörung vorhält. Autowracks liegen zwischen Schutthaufen und halb eingestürzten Gebäuden, armdicke Ampeln wurden entwurzelt wie Stiefmütterchen. Rauchwolken umwirbeln brennende Lkw und die letzten Motelschilder, die da im Angesicht des Niedergangs flackern. Manche Szenen erinnern an das letzte Alone in the Dark, wenn in den Straßen der Stadt gigantische Löcher klaffen.

Mit halb versunkener, zerbombter Architektur und riesigen, in den Himmel starrenden Häuserfassaden fängt GRIN das bedrückende Gefühl geschundener Größe hervorragend ein. Auch wenn einige Texturen nicht bis in letzte technikfeine Detail ausgeschmückt sind und die Figuren in den Zwischensequenzen hölzern und zu abgehackt, in Zeiten von Mass Effect und Gears of War einfach eine Spur zu altbacken rüberkommen, ist die Leistung als Gesamtkunstwerk verblüffend.

Architektur schlägt Texturdetail, Anmut schlägt Technik - und zwar auf ganzer Linie. Denn wenn die Schweden euch erst mal auf schräge und vertikale Flächen hetzen, wenn man mit dem Greifarm an gekrümmten und in sich verdrehten Schienen Schwung holt, wie Spiderman zum Flug ansetzt und in diese monumentale Tiefe rast, ist das ein erhabenes Gefühl. Und dann erst dieser sonnendurchflutete Park im Herzen der Stadt mit seinem dichten Laubwerk, den zerfurchten Klippen und traumhaften Wasserfällen.

Als heller Gegenpart zum Gesicht des Untergangs, das euch bis zum Ende in Erdschluchten und verlassenen Gebäuden angrinst, funktioniert die Grünanlage exzellent. Und auch später gibt es immer wieder denkwürdige Momente, wo man etwa im zigsten Stock am Fenster eines Wolkenkratzers stehen bleibt und die trügerische Ruhe in sich aufsaugt, das milde Abendrot am Horizont, wabernde Papierfetzen vor dem Gesicht.

Was nicht zuletzt dem Soundtrack geschuldet ist, der sich ruhig und entspannt wie ein Schleier übers Geschehen legt, stoische Phasen der Stille mit Streichern oder melancholischen Klavierklängen begleitet und die Gefechte kraftvoll beschmettert. Genießt diese Augenblicke, die Ruhe vor dem Sturm, die eine ähnliche Wirkung wie in Shadow of the Colossus hat, bevor der akustische Donnerschlag und der bleischwangere Tumult auf einmal lautstark losbrechen. Und man plötzlich in die Tiefe stürzt ...

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