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Special - Kolumne: Welches Genre hätten s' denn gern? : Wenn einem die Schubladen ausgehen ...

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In ihrer aktuellen Kolumne schreibt Redakteurin Viola Tensil über die Schwierigkeit, manche Spiele korrekt einzuordnen – und über das Potential, das für Entwickler in genau dieser Frage steckt.

Beschäftigt man sich mit Videospielen, ob privat oder beruflich, wird man zwangsläufig mit der Kategorisierung in Genres konfrontiert. Ego-Shooter, Sportspiel, Simulation, Rollenspiel, Beat'em-up - wir kennen sie alle. Moment, stimmt das? Kleine Preisfrage: Was ist ein „exergame"?

Tüt ... tüt ... tüt ... tüüüüüüüüt - Zeit um. Wer sich jetzt spontan an die derzeit laufende Fernsehwerbung zu Dr. Kawashimas Gehirnjogging erinnert fühlt, liegt zumindest nicht ganz daneben. Denn obwohl der DS-Titel wohl weiterhin zu den Puzzlespielen gezählt werden kann, ist er durchaus auch ein „exergame". Da steckt nämlich der Begriff des Trainings („exercise") drin, womit unter diese Überschrift alle Spiele fallen, die nach dem Prinzip „Übung macht den Meister" verfahren - also zum Beispiel auch Wii Fit oder jegliche Art von Tanzmattengehüpfe.

Wer einen Studiengang belegt hat, der sich in irgendeiner Art um Videospiele dreht, nimmt die unterschiedlichen Genre-Namen sicherlich bereits im ersten Semester durch. Für Privatzocker ist das dagegen vielleicht gar nicht relevant. Je nach „Status", also Casual oder Core-Gamer, kann es sein, dass es Leute gibt, die bereits seit Jahren Survival-Horror spielen, den Begriff selbst aber gar nicht kennen - und im Bekanntenkreis von Killerspielen sprechen. Und selbst wer einige Genres aufzählen kann, ahnt vielleicht nicht, wie viele Sub-Genres es noch gibt. Nehmen wir einmal eine Gattung, die mit zu den ersten Spielekategorien überhaupt gehört: die Adventures.

Klar, rufen Retro-Fans, Monkey Island! Nee, Moment, das ist ja schon ein Point-&-Click-Adventure. Ganz früher gab es sogar reine Text-Adventures. Das heutige Pendant dazu ist wahrscheinlich ein weiterer Vertreter der Adventures, die „visual novel" - dazu zählen zum Beispiel Spiele wie die Ace-Attorney-Serie oder Hotel Dusk. Nicht zuletzt aufgrund der Point-&-Click-Steuerung, die bei den DS-Spielen über den Touchpen läuft, kann man die „visual novels" als konsequente Fortführung früher PC-Abenteuer betrachten. Na ja, und dann gibt es ja noch die Action-Adventures, die wiederum den oben genannten Survival-Horror mit einschließen, und Stealth-Spiele, die Helden wie Solid Snake und Sam Fisher berühmt gemacht haben.

Immer häufiger stößt man, vor allem als Journalist, in letzter Zeit aber auf Spiele, die nicht so recht in die vorhandenen Schubladen passen wollen. Ist Patapon für die PSP nun ein Musik-, Action- oder gar Strategiespiel? Für außergewöhnlich großes mediales Aufsehen hatte ja zuletzt Spore gesorgt, und ausgerechnet hier zeigte sich, dass die lieben Kollegen sich nicht immer ganz einig waren, mit welchem Genre sie es denn nun zu tun hatten. Simulation oder Strategiespiel - das war die Frage. Oder beides? Wobei man Will Wright schon fast unterstellen kann, er hätte genau das einkalkuliert: Ein Game, das nicht sofort einem Genre eindeutig zugeordnet werden kann, muss ja innovativ sein.

Ganz falsch ist die Idee nicht! Ich habe mal an irgendeiner Toilettentür den sinnigen Spruch „Wer nur in die Fußstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren" gelesen und bin überzeugt, dass das stimmt. So muss, wer Aufmerksamkeit erregen will, neue Wege gehen - und wer mehr Spiele verkaufen will, muss gelegentlich auch mal die altbekannten Genre-Grenzen sprengen. Hinzu kommt, dass zu früheren Zeiten sicherlich die technischen Möglichkeiten mit ein Grund waren, warum man sein Spiel auf eine einzige Kategorie beschränken musste. Heutzutage, da eine DVD oder Blu-ray-Disc wesentlich mehr Platz als zehn Disketten bietet, fallen nicht nur die Spiele selbst umfangreicher aus, sondern auch ihre Ausrichtungen sind vielfältiger.

Schaut man sich beispielsweise aktuelle Jump'n'Runs an, stellt man schnell fest, dass fast jedes inzwischen mit Rollenspiel-Elementen versehen ist. Die Zweidimensionalität früherer Jump'n'Run-Figuren ist eben nicht nur perspektivisch passé: Heute erwarten Spieler eine gewisse Tiefe bei der Gestaltung der Charaktere, und das erreicht man nun mal über RPG-Stilmittel wie veränderbare Ausrüstungsgegenstände und Kleidung, Entwicklungspunkte und Status-Level.

Und sicherlich gibt es auch den einen oder anderen Spielentwickler, der keines der etablierten Genres interessant findet und deshalb demnächst einfach ein neues definiert. Vor allem aus den Universitäten, die ja nun erst anfangen, Fächer wie Gamedesign einzurichten, erwarte ich persönlich in den nächsten Jahren viele kreative und innovative Impulse. Siehe de Blob: Da haben Studenten aus Utrecht ein nettes Spiel entwickelt, das so gut ankam, dass THQ es zu einem „echten" Wii-Titel gemacht hat. In welches Genre de Blob fällt? Tja, gute Frage!

Freuen wir uns also auf die Spiele und Genres der Zukunft - schließlich gibt es nicht nur Musiker, die in Sachen Schubladendenken grundsätzlich „dagegen" sind. Deshalb: Punkrocker der Gaming-Szene, Köpfe aufmachen und neue Spiele entwickeln! Viva la Revolucion!

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