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Test - Songs of Conquest – Test : So muss sich ein Heroes of Might & Magic heute spielen

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Ein motivierendes Spielprinzip in einer dichten Fantasy-Welt, zahlreiche Talente und Gegner – in Songs of Conquest gibt es immer was zu tun. Einige Änderungen am grundlegenden Prinzip waren durchaus mutig. Waren sie auch gut?

Wer eine Gruppe Rundenstrategie-Haudegen auf ihre Suchttitel der 90er anspricht, erhält mit ziemlicher Sicherheit als eine der Antworten „Heroes of Might and Magic“, wahrscheinlich Teil Drei, seltener Zwei und wenn jemand Unruhe stiften mag Teil Vier. Die unverwüstliche Mischung aus Rollen- und Rundenstrategiespiel zog dereinst Horden von Anhängern in die suchtgefährdenden Fantasy-Schlachten.

Songs of Conquest möchte und kann natürlich für sich alleine stehen, allerdings ist es für die Betrachtung enorm hilfreich, sich das Erbe von Heroes of Might and Magic anzusehen, vor dem jedes Fantasy-Rundenstrategiespiel immer steht und dessen spirituelle Nachfolge es auch ganz klar antreten möchte.

Es ist nicht so, dass Ubisoft nicht zumindest halbwegs versucht hätte, aus Heroes etwas Potenzial zu schöpfen. Auf den sehr kompetenten, wenn auch konzeptionell recht linientreuen fünften Teil und seine Add-ons folgten immerhin noch zwei Nachfolger und diverse Ableger unterschiedlichster Genres. Aus deren überschaubarem Erfolg lässt sich womöglich viel ablesen über die schwere Last zu klar definierter Erben oder auch über das Unvermögen großer Publisher, mittelgroße Projekte zu stemmen. Aber insbesondere lässt sich mit Hilfe eines Kalenders auch feststellen: Fast ein Jahrzehnt lang nichts gehört von unseren Helden. Die Lücke versuchten einige Projekte zu füllen, etwa letztes Jahr das durchaus beachtliche Master of Magic.

Und nun eben Songs of Conquest.

Ein Satz zur Grafik: Auch wenn das Spiel auf Screenshots oft charmanten Pixel-Look atmet, gibt es direkt im Spiel einige 3D-Schwenker und Animationen, bei denen das Resultat nicht so mehr so ganz stimmig wirkt. Insbesondere die Unschärfe-Filter harmonieren nicht mit der sonstigen Optik.

Heldengeschichten und Minnesänge

Beim Grundbetrieb bleibt Songs of Conquest dem Genre treu: Wir ziehen mit mindestens einem und später mehr Heldenfiguren („Hüter“) durch die Gegend, sammeln unterwegs Rohstoffe ein, holen uns an allen möglichen Spezialgebäuden vom hölzernen Wegweiser bis zum Opferaltar oder Aussichtsturm diverse einmalige und permanente Boni ab, rekrutieren in unserer Heimatsiedlung Truppen und, genau, führen diese dann schließlich in einen rundenbasierten Hexfelder-Kampf gegen gegnerische Truppen, die einfach so in der Gegend marodieren oder von einem feindlichen Hüter angeführt werden.

Über Kämpfe oder besondere Ereignisse erhalten unsere Hüter Erfahrungspunkte, die, richtig, nach und nach in Stufenaufstiegen resultieren. Dabei haben wir je nach Held oft die Wahl – eine neue Fähigkeit lernen oder eine bekannte verbessern? Von Steuereintreibung bis zu Fernkampfunterstützung, von Erfahrungspunkteverteilung („Tutor“ im Sinne von Nachhilfe) bis hin zur Fernsicht kennen die möglichen Talente keine Grenzen und bilden einen enormen Reiz des Rollenspielaspekts. Ausrüstungsgegenstände, die Attribute beeinflussen, können wir natürlich ebenfalls auf der Karte oder nach gewonnenen Schlachten einsacken.

Diese Mischung aus ganz, ganz vielen Zielen und Belohnungen mitten auf dem Weg war es, die Heroes dereinst so beliebt machte – und sie geht auch in Songs of Conquest wunderbar auf. Sowohl das Erkunden und Aufleveln auf der Karte als auch die Schlachten selbst motivieren mit einer ungeheuren Verve.

Also, um die Kernfrage zu beantworten: Ja, hier ist ein würdiger „geistiger Nachfolger“ der Heroes-Serie entstanden. Wer der Ursprungsserie grundsätzlich etwas abgewinnen konnte, wird auch in den „Eroberungsliedern“ (zu dem Titel später mehr) zufrieden. Und wer die Verehrung für wirres Geschwafel ergrauender Fantasy-Clausewitzfiguren hält, aber selbst noch nie mit den Heldentaten von Macht und Magie in Berührung kam: Hier ist die Chance. Wer Strategie oder Rollenspiel auch nur mittelbar etwas Freude abgewinnen kann, wird in Songs of Conquest etliche bis sehr viele glückliche Stunden verbringen.

Aber natürlich handelt es sich beim Spiel von Lavapotion nicht um ein bloßes lizenzloses Remake, sondern es hat auch eigene Meinungen darüber, wie sich Rundenstrategie besser – oder in jedem Fall: anders – angehen lässt. Denn, so viel Ehrlichkeit dazu: Mit Ausnahme der direkten Helden-Teilnahme im vierten Teil und einer zaghaften Überarbeitung des Stadtbaubildschirms später hat sich Heroes unter der Ubisoft’schen Ägide sehr stark in bekannten Fahrwassern bewegt.

Bereits der Stadtaufbau fällt optisch als besonders substanzielle Änderung auf, und nach wenigen Spielzügen erscheint er als die deutlich plausiblere Lösung als die getrennten Kampagnen- und Stadtbildschirme sonst. Wieso ist da bei Heroes niemand drauf gekommen? So schön die Ansichten der eigenen Basis auch waren, so sehr stellten sie doch ein typisches Neunziger-Relikt dar, wo oft technisch bedingt verschiedene Ansichten notwendig waren, um eigentlich verzahnte Mechanismen abzubilden.

Wie also funktioniert es in Songs of Conquest? Wir bauen unsere Siedlung direkt auf die Karte. Nicht völlig frank und frei wie in beliebigen Aufbau- oder Echtzeitstrategie-Spielen, sondern an vorausgewählten Bauplätzen, wie es etwa beim ersten Schlacht um Mittelerde der Fall war. Das klingt nach einiger eher marginalen Veränderung – an dieser Stelle bitte einmal einen Zehner für „Evolution statt Revolution“ ins Phrasenschwein, nimmt das Ding eigentlich auch Kreditkarten? – aber es ist insbesondere eine kluge Veränderung.

Denn so befriedigend der Aufbau der mal mehr, mal weniger animierten Siedlungen besonders optisch die ersten Male war, so sehr stellt er unterm Strich doch eine Verlangsamung und einen unnötigen Kontextswitch dar, zumal die Stadt eben nur Mittel zum Zweck – Einheiten- und Heldenrekrutierung plus ein wenig Forschung – war. Und nein, daraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass auch die Kämpfe doch direkt auf der „großen“ Karte ausgetragen werden sollten, denn die Schlachten folgen ja eigenen Mechanismen und Interaktionsregeln.

Rundenweise Schlachten mit einigen Änderungen

Regeln, an denen Lavapotion ebenfalls zart gerüttet hat. Nein, es gibt keine Echtzeit-Auseinandersetzung und aus den Hexfeldern sind auch keine Achtecke geworden, aber dafür haben sie Höhenstufen spendiert bekommen. Diese sind nicht subtil, sondern erinnern eher an Terraforming-Resultate aus frühesten Sim-City-2000-Zeiten oder Akrobatik-Stelzenpartien für britische Archäologinnen mit Cargo-Shorts. Die allerglaubwürdigste Landschaft wird so nicht inszeniert, stattdessen priorisiert Songs of Conquest klar die Lesbarkeit des Gebietes. Zu jedem Zeitpunkt ist ohne jeden Zweifel klar, wer unten, wer etwas erhöht und wer ganz oben steht.

Das war die richtige Entscheidung! Frühere Titel mit subtileren Schattierungen scheiterten oft daran, dass die wichtige Spielmechanik optisch kaum erkennbar war. Denn der mit Schwert, Bogen oder Lanze von oben angreift, erhält auf diese Attacke einen erheblichen Bonus, und das wollen wir doch auch direkt erkennen, ohne auf den Tooltip mit Bonus- und Malus-Informationen zu warten.

Apropos Fernkämpfe: Auch hier bricht Songs of Conquest etwas. Üblicherweise können Distanz-Einheiten ja über das ganze Feld schießen, allerdings ab einer gewissen Entfernung meist nur mit halber Wucht (wie immer gilt: Fähigkeiten und Talente der Hauptfigur können das beeinflussen). Songs of Conquest dreiteilt Entfernungen hingegen: Auf Katzensprung-Distanz gibt es einen heftigen Schadensbonus, in normaler Entfernung eben normalen Angriff und bei „Hallo, Echo?“-Reichweite … ist ein Angriff unmöglich. Richtig gelesen, für fast alle Fernkampf-Einheiten besteht ein maximaler Angriffsradius – ein paar tausend Bogenschützen in Neuseeland parken und machen lassen, wird also nicht mehr funktionieren.

Eine weitere Änderung bei den Schlachten: In den Hexfeldern um jede Einheit ist das bloße Vorbeigehen gefährlich. Die übliche Methode, mit den Lauchverbänden der eigenen Truppe an den großen gefährlichen Gegnern vorbei die feindlichen Schwächliche anzugreifen, kann so schnell nach hinten losgehen, wenn die Drachen eben doch räuspern und rösten. Fast schon en passant zu erwähnen ist im Vergleich das etwas andere Magie-System, das natürlich verschiedene Arten von Mana („Essenz“ im Spiel) kennt, die sich aber primär über die Einheiten selbst (re)generieren.

Die genannten Aspekte würden für sich schon eine deutlich veränderte Taktik erfordern, doch Songs of Conquest verändert auch die Truppen-Verwaltung erheblich. Zum Einen stehen Hütern nicht von Anfang an alle Slots offen, ehe wir das „Kommandieren“-Talent hochgelevelt haben – da kann es je nach Kampagne oder Karte auch mal sein, dass nur drei Plätze für unsere „Armee“ verfügbar sind. Und selbst dann ist der Platz für Einheiten begrenzt. Nicht auf 9999 oder andere „Irgendeine Grenze müssen wir ja setzen“-Illusionswerte, sondern auf wenige Dutzend bis zu fünf bei den stärksten Einheiten. Nein, das war kein Tippfehler.

Das mag zunächst abschrecken, erzwingt aber zum einen eine sorgsame Auswahl und verhindert Spam-Taktiken etwa von einer Überzahl Fernkampfeinheiten niedrigerer Stufe. Es macht zudem das typische Vorgehen einer zentralen Figur mit den meisten Erfahrungspunkten und fast allen Einheiten unmöglich und forciert eine breitere Aufstellung unseres gesamten Heeres. Dennoch werden an dieser Stelle sicherlich einige granteln, die diese Beschränkung für eine künstliche Limitationen ihrer Allmachtsphantasien halten. Ein letztes noch zur Truppenzusammenstellung: Das Rekrutieren von Einheiten fremder Fraktionen sieht Songs of Conquest nicht vor, auch nicht – wie bei Heroes – mit einer negativen Auswirkung auf Moral. Untote seit an seit mit Erzengeln wird es so nicht geben.

Die Karten neu gemischt

Drei der vier versprochenen Kampagnen waren zum Test-Zeitpunkt bereits verfügbar – auch wenn der Autor selbstverständlich anerkennt, dass ein Großteil der Spielerfahrung traditionell im freien Modus stattfindet. Dennoch lohnen die Kampagnen, denn sie führen in die durchdachte Welt ein und erläutern etwa die Feindseligkeiten der Fraktionen plausibel. Zudem liefern sie für alle, die nicht im kältesten Wasser schwimmen wollen, bei ansteigendem Schwierigkeitsgrad nach und nach Erklärungen für die verschiedenen Mechanismen in Städten, im Kampf und auf der Weltkarte. Ein paar rigorose Textkürzungen hätten ihr dennoch gut getan, mitunter ufert der Lesestoff etwas aus, zumal während der Dialoge der Rest des Spiels still steht und wir sonst nichts tun können. Und schließlich: nach jeder gewonnenen Mission ertönt ein Bänkelgesang, der unsere Heldentaten musikalisch aufarbeitet, die namensgebenden Songs of Conquests und klar in der Kategorie „Muss man mögen“ zu verorten.

Fans von Heroes of Might & Magic aufgepasst! - Das ist Songs of Conquest

Songs of Conquest ist so etwas wie die spirituelle Fortsetzung der klassischen Rollenspiel-Reihe Heroes of Might & Magic. Pirmin hat die Early-Access-Version gespielt.

Neben den Kampagnen erwartet uns ein Mehrspielermodus – inklusive Hotseat-Modus (also nacheinander vor einem Rechner), falls die Heizung mal wieder ausfallen sollte – sowie eine Reihe vorgefertigter sowie zufällig generierter Karten, auf denen sich mit verschiedenen Sieg-Bedingungen spielen lässt. Zusammen mit dem ebenfalls verfügbaren Editor sollte also für die nächsten paar hundert Stunden genügend Material vorhanden sein.

Ein würdiges Erbe?

Kann ein Stück Software das Gefühl der früheren Heroes-Partien zurückbringen, als wir neben beigen Midi-Towern vor dem Röhrenmonitor saßen und im Gehirn Belohnungszentrum und Wunsch nach Schlaf fochten? Nein, aber Songs of Conquest hat mit einigen klugen Ideen einen sinnvollen Schritt getan, Rollenspiel-Rundenstrategie wirklich weiterzuentwickeln. Seit 2022 im Early Access, hat der Titel sein Potenzial weitgehend ausgenutzt und dürfte Fans des Genres in diesem Sommer viele „Hoffentlich regnet es dieses Wochenende“-Stoßgebete entlocken.

Greift zu, wenn...

… ihr eine zeitgemäße Neuinterpretation der Heroes-Formel möchtet.

Spart es euch, wenn...

… für euch die Feld- und Weltherrschaft bei 9999 schwarzen Drachen beginnt.

Fazit

Christian Burtchen - Portraitvon Christian Burtchen
So muss ein modernes Rundenstrategiespiel funktionieren – nur aussehen dürfte es gerne anders

Mit der Heroes-Serie verbinde ich eine Reihe von Erfahrungen. Der allererste Spiele-Test, den ich in einer Zeitschrift las, war ein Halbseiter in der PC Direkt zum zweiten Teil, mein C&C-begeisterter Banknachbar belehrte mich darüber, dass das aber nur Rundenstrategie sei. Ein paar Jahre später wüteten mein Gastbruder und ich uns nächtelang durch Erathia, immer „noch eine Runde” drauflegend. Und 2007 schließllich übersetzte ich für die Fachzeitschrift, bei der ich inzwischen angestellt war, sogar die Entwickler-Tagebücher des Add-ons Tribes of the East, das ich später bis tief in die Nacht testen würde.

Beim Test jedes tatsächlichen oder geistigen Nachfolgers schwingen folglich jede Menge Überlegungen mit. Wie sehr darf oder muss ich den Titel isoliert oder im Kontext des nicht wegdiskutierbaren Erbes sehen? Wie viel Nostalgie schwingt inzwischen in den eingangs erwähnten Erinnerungen mit? Songs of Conquest gelingt es, die wesentlichen motivierenden Elemente des Grundprinzip einzufangen und zu übertragen.

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Schon jetzt kann nicht nur das Spiel selbst abendfüllend sein, sondern allein das Stöbern in den Datenbanken und Online-Enzyklopädien über Einheiten-Statistiken, Fähigkeiten und Hüter. Im Gegensatz zu den Weiterentwicklungen bei Ubisoft zeigen insbesondere die Veränderungen im Kampf auch eine eigenständige, neue Perspektive. Mir hat der Pixel-Look mit seinen 3D-Anleihen nicht ganz so zugesagt, aber – Nostalgie-Brille ab! – hier hat auch die Heroes-Serie durchaus ihre modrig riechenden Körper im Keller, und die Lesbarkeit der Spielwelt war immer gegeben.

Also: Songs of Conquest ist draußen und für all jene, die auch nur mittelbar Genre-Sympathien hegen, ein Grund zum Freudengesang!

Überblick

Pro

  • unverwüstliches, enorm motivierendes Grund-Prinzip
  • innovative, teils kluge, in jedem Fall meinungsstarke Weiterentwicklungen
  • gelungene Übersetzung

Contra

  • Geschmackssache: 3D-aber-irgendwie-Pixel-Look
  • nur vier Fraktionen
  • Kampagnen-Inszenierung zu geschwätzig

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