Test - Shadowrun: Hong Kong : Kein Drek!
- PC
Nach dem großartigen Vorgänger Dragonfall, der Story-seitig beinahe alles richtig gemacht hat, tritt Shadowrun: Hong Kong ein schweres Erbe an. Schnell zeigt sich: Obwohl die Serie eher durch kontinuierliche, kleine Verbesserungen glänzt, als große Sprünge zu machen, haben sich die Stärken und Schwächen doch etwas verschoben.
Jedes gute Shadowrun-Abenteuer fängt mit einem misslungenen Run an. Im Falle von Shadowrun: Hong Kong jedoch nicht mit eurem eigenen, denn ihr seid zu Beginn noch ein ganz gewöhnlicher Bürger. Involviert seid ihr aber trotzdem, denn euer Ziehvater hat euch nach Hongkong beordert und steckt scheinbar in Schwierigkeiten. Am vereinbarten Treffpunkt begegnet ihr aber nur einer Gruppe von Shadowrunnern. Sofort wird auf euch geschossen und die Hälfte eures Trupps bezahlt mit dem Leben. Fortan wird nach euch gefahndet. Euch bleibt nichts anderes übrig, als das Leben eines Shadowrunners zu beginnen, um im Dienste von Triaden-Chefin Kindly Cheng an Informationen zu gelangen.
Die chinesische Textmauer
Nach diesem beinahe schon ungewöhnlich fulminanten Start wird das Tempo wieder gedrosselt. Ihr sprecht mit allerlei Einwohnern eures Stadtviertels, lernt eure Crew besser kennen und absolviert eure ersten Runs. So weit kein Problem, aber das Spieltempo ist generell deutlich langsamer als im packenden Vorgänger. Schuld daran ist das ausufernde Drumherum, das wirklich jeden Nebencharakter seine Lebensgeschichte erzählen lässt. Sprachausgabe gibt es übrigens keine, ebenso keine deutschen Texte. Während die großartigen Texte grundsätzlich eine enorme atmosphärische Bereicherung sind, hat man damit in Hong Kong etwas übertrieben.
Atmosphäre ist das Stichwort: Artwork und Soundtrack passen wieder einmal perfekt ins Shadowrun-Universum und integrieren großartig die chinesischen Einflüsse. Natürlich sind die technischen Limitierungen dennoch unübersehbar, gerade die Charaktermodelle wirken trotz Überarbeitung altertümlich.
Neu und besser
Als leuchtendes neues Feature wurde vor allem die generalüberholte Matrix angepriesen. Die ist nun deutlich actionreicher, denn ihr müsst an Patrouillen vorbeilaufen und solltet im Idealfall nicht entdeckt werden, denn sonst kommt es zum Kampf. Das trifft die Beschreibung aus den Büchern etwas besser, denn auch optisch wirkt die Matrix nun eindrucksvoller, sie bleibt aber Geschmackssache. Doch die wahren Verbesserungen liegen in den weniger offensichtlichen Bereichen.
So habt ihr deutlich mehr Freiheiten, wie ihr etwa eine Mission erledigt. Viele Wege führen zum Ziel, kaum eine Fähigkeit wirkt verschwendet. Auch wie ihr euren Charakter anlegt und wie ihr ihn mit seiner neuen Rolle als Shadowrunner umgehen lasst, bleibt euch überlassen. Die Missionsareale wirken größer und es wurde versucht, auch andere Aspekte des Cyberpunk-Lebens als bloß Shadowrunner und Konzerne abzudecken. So beschäftigt ihr euch etwa mit Qi und Feng Shui oder besucht eine Decker-Convention.
Alte Schwächen
Neben der altbackenen Technik bleibt das Kampfsystem die Schwachstelle der Serie. Die Kämpfe sind zu simpel und bevorzugen zu oft große Knarren. An ein XCOM kommt man hier weder in Sachen Komplexität noch „Geschmeidigkeit“ heran. Auch die Verwaltung der Crew ist weiterhin unübersichtlich und unnötig kompliziert.
Selbst unseren festen Team-Mitgliedern können wir nur am Anfang eines Runs Ausrüstung borgen, anstatt sie permanent auszurüsten, und beim Kauf gibt es keine Möglichkeit zu sehen, wer derzeit was trägt. Immerhin wurde aus Dragonfall - Director’s Cut die Möglichkeit übernommen, der eigenen Crew bei Levelaufstiegen neue Spezialfähigkeiten zu spendieren. Dennoch wäre noch mehr Kontrolle über die Entwicklung des Teams wünschenswert.
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