Test - Outlast : Survival-Horror mit Camcorder
- PC
Wenn ihr in die Rolle des Journalisten Miles Upshur schlüpft, wisst ihr nicht viel über den Protagonisten von Outlast – müsst ihr aber auch nicht. Ziel des Spiels ist es herauszufinden, was im mysteriösen Mount Massive Asylum für geheime und furchtbare Dinge geschehen sind. Dabei soll euch gehöriger Schrecken eingejagt werden, gegen den ihr euch jedoch nicht aktiv wehren könnt. Das vom Hersteller als „first-person survival horror game“ bezeichnete Outlast schickt seine Hauptfigur unbewaffnet und kampfunfähig in die Nervenanstalt – lediglich ein Camcorder mit Infrarotsicht ist Miles dabei behilflich, sich zu orientieren und vor den Bedrohungen zu flüchten.
Bedrohlich wirkt die Nervenanstalt Mount Massive bereits bei der Ankunft des Journalisten: Genretypisch stürmisches Wetter und die lückenhafte Außenbeleuchtung des verbarrikadierten Gebäudes stimmen auf den Horror ein, den die Entwickler für euch vorbereitet haben. Bahnt ihr euch den Weg in die Anstalt, offenbart sich schnell, dass es für Miles mehr als genug Material geben wird, über das er später berichten kann – wenn er es heil wieder aus dem albtraumhaften Haus herausschafft.
Detailverliebte, dichte Atmosphäre
In Notizen und gesammelten Dokumenten könnt ihr Informationen aufsammeln und so mehr über die Hintergrundgeschichte erfahren, dies bleibt jedoch irrelevant für den weiteren Spielverlauf. Das Hauptaugenmerk der Spielmechanik liegt klar auf dem Überlebensaspekt, und der unterhält zunächst auch hervorragend.
Die wahre Stärke des Spiels ist eindeutig die gelungene Atmosphäre. Dabei sind es besonders die kleinen Details, die sie intensivieren: Eine Bewegungsunschärfe beim schnellen Umdrehen oder bei der Änderung des Blickwinkels, der Einsatz des Camcorders, insbesondere wenn die Nachtsicht aktiv ist, und nicht zuletzt die dramatische Musik sorgen für Adrenalin im Blut. Durchdacht wirkt auch die Darstellung der Hauptfigur: Zwar ist sie gesichts- und charakterlos, ihre Gliedmaßen, Ausrüstung und Kleidung werden jedoch bei Greif- und Kletteranimationen eingeblendet und verändern sich erfreulicherweise im Laufe des Spiels.
Leicht für Profis, machbar für Gelegenheitsspieler
Ein gutes Händchen für die Balance beweist Red Barrel beim Schwierigkeitsgrad. Erfahrene Spieler werden die grundlegenden Taktiken, die zum Überleben beitragen, sehr schnell entdecken. Wem das Sichverstecken und clevere Ausnutzen von engen und schwer erreichbaren Wegen nicht liegt, der wird viele Problemstellen nur durch das Inkaufnehmen von mehreren Neustarts lösen können, aber dennoch vorankommen.
So schleicht, kriecht und klettert ihr durch die Anstalt und dringt in immer neue Bereiche vor, während ihr auf der Suche nach weiteren Informationen über die Handlung und einem Weg nach draußen in die Freiheit seid. Lasst ihr euch auf das Spielprinzip ein, verlieren die Schockmomente leider ein wenig an Wirkung. Besonders in der Mitte von Outlast schleicht sich Routine oder Frust ein - je nach Können des Spielers. Outlast gönnt euch dann eine Atempause, in der klar wird, dass ihr es mit einem gruseligen Ableger von Doom zu tun habt – nur ohne Waffen: Ihr weicht den Gegnern aus, versteckt euch und sucht einen Schlüssel zum nächsten Abschnitt, um dort das Gleiche zu tun.
Fluktuierender Schwierigkeitsgrad
Bevor dieser Frust zu groß wird und ihr euch fragt, wieso Miles nicht aus den herumliegenden Gegenständen Waffen oder Sprengstoff improvisiert, packen Atmosphäre und Handlung wieder eine Schippe drauf. Zudem wird nach einigen knackig schweren Abschnitten der Schwierigkeitsgrad im letzten Drittel merklich niedriger. Zusätzliche Elemente, wie an Parkour erinnernde Kletterabschnitte und Quick-Time-Events, sind genauso selten wie einfach zu bewältigen.
Was zunächst wie ein wichtiger Faktor im Steigern der Schwierigkeit erscheint, entpuppt sich später zumeist als irrelevant: Sind die Batterien für den Camcorder leer, wird es dunkel und der Vorteil der Nachtsicht fällt weg. Ihr findet aber häufig den passenden Batterietyp für die Kamera. Ohnehin wird jeder Aspekt im Spiel, der kritisch für euch werden könnte, nur selten mehr als einmal bis zu einem kritischen Punkt genutzt – das hält die Spielerfahrung frisch, aber den Anspruch niedrig.
Machtloser Spieler, verworrene Geschichte
Wenn der Abspann von Outlast über den Monitor flimmert, bleibt man mit gemischten Gefühlen zurück. Letztlich ist man Zeuge einer sehr verworrenen Horrorgeschichte geworden, die Verschwörungstheorie-Elemente mit Slasher-, Splatter- und Psychohorror verbindet. Auch ein kleiner Ausflug in Richtung Torture-Porn wird unternommen, man selbst bleibt eigentlich nur Zeuge. So gut die Steuerung von der Hand geht, so machtlos seid ihr gegenüber dem Spiel und dessen Ausgang. Aber schlussendlich ist auch das ein typisches Horrorelement.
Dass die Geschichte zwar ein logisches Ende findet, aber die einzelnen Handlungsstränge nur bedingt aufklärt, wäre nicht schlimm, wenn sie nur ein wenig besser erzählt würde. Die Tagebuchnotizen von Miles, die dieser manchmal in den absurdesten Momenten – etwa auf der Flucht vor dem sicheren Tod – zu kritzeln scheint, informieren nur wenig über das Gesehene hinaus. Auch über den Journalisten selbst erfährt man zu wenig, die Konzentration auf die Schockelemente hatte hier wohl Vorrang. Dabei war das Potenzial für mehr eindeutig vorhanden.
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