Test - Luigi‘s Mansion 2 HD : Test: Geisterschreck in kurz und knackig
- NSw
Luigi hat ein Abo auf die zweite Geige im Super-Mario-Universum. Aber bei seltenen Gelegenheiten durfte er auch mal ganz vorne stehen, um in die Fußstapfen seines Bruders zu treten. Etwa bei der Einführung des Game Cubes, als kein Schnauzbart-Jump-and-Run die Verkaufszahlen ankurbelte, sondern das charmante Grusel-Abenteuer Luigi’s Mansion. Teil 2 auf dem 3DS vertiefte einige Ideen des Erstlings und hielt sich dabei an Nintendos Formel für ein ideales Handheld-Spiel. Kurz und knackig sollte es sein. Ist das auch auf der Switch der Schlüssel zum Erfolg?
Es ist schon drollig, wie Nintendo Luigi als Helden in Szene setzt. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der ohne Zögern jedes Hindernis mit Elan überwindet, gehört sein grün gekleideter Bruder zu den Zartbesaiteten. Selbst in seinen eigenen Grusel-Abenteuern bibbert er sich nervös von einer Aufgabe zur nächsten.
Das macht ihn sympathisch, denn seine Reaktion auf Gespenster ist nachvollziehbar. Es gruselt ihn, wenn Türangeln quietschen und Dielenböden knarzen. Er zuckt schon bei der kleinsten Ungereimtheit zusammen. Aber – und das ist das Wichtige – er kneift dennoch die Pobacken zusammen und tut, was zu tun ist. So gesehen ist er viel mutiger als Mario, weil er trotz seiner Angst zur Tat schreitet. So auch in Luigi‘s Mansion 2 HD, dem hochaufgelösten Remaster des Nintendo-3DS-Hits aus dem Jahr 2013, das nun für Nintendo Switch zu haben ist.
Viel über seine Motivation zu erzählen gibt es gar nicht. Der ulkige und leicht durchgeknallte Professor I.Gidd ruft Luigi abermals zu sich, weil der geheimnisvolle Finstermond in fünf Fragmente zersplittert ist. Um ihn wieder zusammensetzen, muss sich der schnauzbärtige Held den weiterentwickelten Geisterstaubsauger mit dem Namen Schreckweg 09/15 umschnallen und fünf Schauplätze durchforsten, in denen es nur so von Gespenstern wimmelt, die den ganzen Tag Schabernack treiben.
Nun, das Rezept des Spiels ist nicht besonders originell. Grusel und Humor? Slapstick, Tollpatschigkeit und schräge Gespräche mit einem nerdigen Wissenschaftler? Machen wir uns nichts vor, das ist Ghostbusters mit Nintendo-Charme und als Erzählung kaum umfangreicher als ein paar Zeilen auf einem Bierdeckel. Selbst seine Waffe zum Geisterbekämpfen stellt nur eine witzige Hybridlösung aus Protonenpack und Geisterfalle dar, daher können die Spieldesigner von Glück reden, dass Sony und Columbia Pictures keine Plagiatsvorwürfe in den Raum werfen.
In jeder Ritze steckt ein Geheimnis
Wäre aber auch sehr kleinkariert, denn unterm Strich ist Luigis Mansion 2 HD kein Actionspiel, sondern ein Rätsel-Abenteuer mit kleinen Action-Einlagen. Ihr wandert mit dem Klempner durch etliche Räumlichkeiten voller losem Mobiliar, das durch die Saugkraft des Schreckweg 09/15 zu wackeln beginnt, saugt Spinnweben und Gardinen ein, rollt damit Teppiche auf und vieles mehr mit dem Ziel, Geister aus ihren Verstecken zu locken und Schätze in Form von Münzen und Goldbarren buchstäblich aus den Sitzritzen zu holen.
Wie sang der englischsprachige Ausnahmekünstler Frank Zappa einst so schön auf Deutsch?
Ich bin dein geheimer Schmutz / Und verlorenes Metallgeld / Unter deiner Ritze / Ich bin deine Ritze und Schlitze / Ich bin hier, und du bist mein Sofa! Besser kann man Luigis Säuberungswut mit dem Geisterstaubsauger nicht in lyrische Worte verpacken, denn buchstäblich hinter jeder Ritze kann Geld oder eben ein dreckiger kleiner Unhold stecken, und es macht süchtig, jede noch so unscheinbare Ecke abzusuchen.
Ein wichtiges Werkzeug dafür ist die Düsterlampe. Sie deckt unsichtbare Objekte auf, befreit Gegenstände und Personen aus magischen Gemälden und zeigt euch die Bewegungsspuren von Geisterpinschern und frechen Buu-Huus auf, damit ihr deren Position ortet. So stoßt ihr mitunter auf geheime Türen, wirre Mechanismen und viele weitere rätselhafte Zusammenhänge, die euch leichte, aber unterhaltsame Detektivarbeit aufgeben.
Ein Konzept für unterwegs
Einfaches Abklappern der Räumlichkeiten ist nicht das Hauptziel. Im Gegensatz zur Spielstruktur in Luigi‘s Mansion 1 und im Groben auch in Teil 3, besteht Luigi’s Mansion 2 aus kleinen vorab aufgetragenen Missionen, die ganz genau sagen, was ihr zu tun habt. Mal sollt ihr einen bestimmten Geist ausfindig machen, mal einen Schlüssel finden, einen magischen Kompass aufspüren oder die Teile eines Windrads zusammensetzen. Meist mit genauer Positionsangabe auf eurer Übersichtskarte, sodass es weniger um das „Wo“ als um das „Wie“ geht.
Zwischen zehn und zwanzig Minuten veranschlagt so eine Mission normalerweise. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel, wobei es natürlich auch auf euer Geschick ankommt, ob ihr die manchmal urkomisch oder verkorkst zusammenhängenden Puzzles gleich beim ersten Versuch knackt.
Ein schönes Beispiel wäre der lange Aufstieg kurz vor dem zweiten Boss, bei dem ihr mehr als zwanzig Mal die Wahl zwischen drei Treppen habt. Lauft ihr den falschen Weg hinauf, dann klappen die Stufen sämtlicher Treppen zusammen und schicken euch mit einer Rutschpartie zurück an den Anfang. Wer hier nicht genau auf die Fackeln achtet, die bei jedem Treppenabschnitt brennen, sieht sich 20 Mal in einer Trial-and-Error-Schleife, obwohl das Spiel klare Hinweise gibt.
Sowas ist aber eher die Ausnahme. Als ehemaliges 3DS-Spiel besteht Luigi’s Mansion 2 HD in voller Absicht aus kleinen leicht verdaulichen Happen, die das Spiel auf Reisen attraktiv machen. Schnell mal eine Runde im Zug, in der U-Bahn oder im Hotelzimmer? Kein Problem und auch auf der Switch ideales Futter zum Überbrücken kurzer Langeweile-Phasen.
Im Umkehrschluss ist das Spielerlebnis auf einem Fernseher in den heimischen vier Wänden nicht ganz so ergiebig. Unterhaltsam genug? Ja sicher! Wirklich abendfüllend? Nee, leider nicht. Schon nach 14 bis 15 Stunden ist Feierabend.
HD ist leider nur die Grafik
Der nicht ganz so ausgeprägte Spaß am heimischen Fernseher liegt nicht nur an der Kürze der recht einfachen Missionen, sondern auch an der Steuerung. Denn so schön die auf HD-Qualität verfeinerte Grafik mit ihren knalligen Farbeffekten auch sein mag, Luigis Steuerung und sein Verhalten entsprechen weiterhin dem der grob aufgelösten und auf wenig Platz zusammengeschrumpften 3DS-Fasssung. Unser Held bewegt sich also selbst beim Rennen relativ langsam, nimmt ungewohnt viel Platz in engen Räumlichkeiten ein und verhält sich vor allem beim Einsaugen von Geistern sehr steif, um möglichst stationär zu bleiben. Kein Vergleich mit der wunderbaren Dynamik von Teil 3, bei der Luigi von den Geistern manchmal kreuz und quer durch riesige Räume geschleift wurde.
Der gesamte Einsaugprozess läuft viel zu schnell und unspektakulär ab, als dass er den Spielspaß vertiefen könnte. Bei Luigi’s Mansion 2 muss somit das Knobeln den Löwenanteil übernehmen. Das ist an sich nicht schlimm, aber sollte euch bewusst sein, wenn ihr Luigi’s Mansion 3 (Test) toll fandet und nun nach mehr vom selben Stoff sucht. Ihr werdet mit Erstaunen feststellen, um wie viel steifer und undynamischer Luigi sich hier steuert.
Ihr werdet es vornehmlich bei sämtlichen Gegenständen und Tieren bemerken, die an der Decke hängen, denn dem 3DS fehlte (in der Ur-Fassung) ein zweiter Analogstick. Soll Luigi nach oben schauen, drückt ihr also den X-Knopf. Obwohl ihr in der neuen Switch-Version auch den rechten Analogstick verwenden dürft, sind Luigis Blickwinkel und Saugoptionen eingeschränkt, sodass ihr euch viel bewegen müsst, um beispielsweise eine goldene Spinne einzusaugen, bevor sie euch entwischt.
Eine Feststellung, die vor dem Mehrspieler-Anteil nicht Halt macht. Auch hier geht es weniger um Spielerfahrungen für lange Spielabende, sondern um kleine Snacks für bis zu vier Freunde, die gemeinsam den sogenannten Wirrwarrturm säubern. Und zwar in drei Spielmodi. Im ersten sollt ihr alle Geister finden und stellt euch alle fünf Stockwerke einem Geisterboss. Im zweiten sucht ihr einen Raum mit Schaltern, den ihr allesamt in kürzester Zeit erreichen müsst, und im dritten haben sich drei Geister-Pinscher versteckt, die ihr aufspüren müsst.
Obwohl unsere Mehrspieler-Sitzungen durchaus spaßig waren, zeichnete sich schnell ein Defizit in der Spieltiefe ab. Nach ein paar Runden in allerspätestens zwei Stunden hat man alles gesehen, sodass es nur noch um Highscores geht. Herausspielbare Boni wie etwa mehr Lebenskraft oder ein verbesserter Geistersauger hatten kaum nennenswerte Auswirkung auf den Ablauf. Was nicht heißen soll, dass die Mehrspielmodi keinen Spaß bereiten. Im Gegenteil, sie sind kurzweilig und witzig, nur hält die Freude daran nicht lange am Stück an, zumal auch hier die Steuerung eher steif und undynamisch wirkt.
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