Test - Little Nightmares : Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?
- PC
Husch, schnell vorbei an diesem Auge. Licht erstrahlt überall dort, wo es sehen kann, und zugleich droht der Tod in seinem Blickfeld. In dem Fall sei die Dunkelheit bevorzugt, auch wenn sie nicht minder gespenstisch erscheint. Pest oder Cholera? In Little Nightmares wählt man das, was weniger tödlich ist!
Ein Hüpfspiel, das kindliche Urängste weckt. Das Monster unter dem Bett, das Ungeheuer im Schrank, der böse Mann, der in der Unkenntlichkeit der Dunkelheit nur als schemenhafte Gestalt in Erscheinung tritt. Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Niemand! Und wenn er kommt? Dann laufen wir. Und zwar schnell. Flink ins nächste Versteck, in die Ecke, in der Kauern für kurze Zeit Sicherheit verspricht. Ein kurzer, kalter Trost ohne Aussicht auf Hoffnung. Also lieber weiter.
Meist läuft die kindliche Spielfigur, bei der es aufgrund der schmächtigen, in eine übergroße Jacke gehüllten Gestalt nur schwer feststellbar ist, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelt, von links nach rechts. Trotz des dreidimensionalen Umfelds erinnert der Spielablauf wie auch die finstere Gestaltung der Umgebung entfernt an Verwandte desselben Genres wie Limbo oder Outland. Doch Little Nightmares spielt sich langsamer, vielleicht sogar etwas schleppender, und verweilt gerne zur Lösung kleiner Puzzles an einer Stelle. Nichts Aufregendes. Mal muss ein Schalter gezogen, mal ein sicherer Weg zwischen schleichenden Würmern gefunden und mal die Balance auf einem kippenden Brett gehalten werden.
Seltene Ausflüge in die Vertikale, bedingt durch Klettereinlagen an Gittern und Seilen, legitimieren die dreidimensionale Darstellung ebenso wie jene kurzen Ausflüge in den Vorder- oder Hintergrund, die Platz zum Flüchten gewähren. Erstaunlicherweise flüchtet ihr öfter vor der eigenen Angst als vor einer tatsächlichen Bedrohung, Es sei denn, ein gigantischer Hausmeisterkoloss oder ein glühendes Auge trachten euch nach dem Leben.
Splatter-Effekte und dergleichen sucht man vergebens. Little Nightmares setzt auf Psychoterror und weiß gut damit zu erschrecken, etwa wenn zu Staubstatuen verwandelte Kinderleichen den Weg pflastern oder gammelige Fleischfetzen den schmierigen Boden einer Küche schmücken. Nur ein Faktor weiß noch mehr zu beeindrucken: Die Umgebung ist im Vergleich mit der Heldin geradezu riesig und einschüchternd. Jeder Stuhl, jeder Tisch und jede Tür lassen Six noch kleiner und hilfloser wirken, als sie sowieso schon ist. Zugleich gewährt ihre Größe unvohergesehene Fluchtmöglichkeiten. Flink schlüpft sie durch eine Rinne oder einen Lüftungsschacht, der unter normalen Umständen kaum genug Platz für ein Maus bietet.
Interaktion mit der Umgebung ist dennoch nur an gewissen Stellen vorgesehen, darum trägt die Heldin nicht mehr als ein Feuerzeug bei sich. Es spendet einerseits Licht, andererseits entzündet es Lampen, die den Raum besser erhellen und als Zwischenspeicherpunkte dienen. Alles andere, was zur Lösung der kleinen Puzzles benötigt wird, findet man direkt vor Ort. Nachvollziehbare Physik und temporär auflesbare Gegenstände garantieren stets logische Lösungswege, an denen aber nicht selten etwas Makaberes haftet.
Was allerdings stört, ist die unflexible Kamera, die manchen Handlungen im Wege steht. Etwa wenn ihr Six auf einem Holzbalken balancieren lassen sollt, aber die genaue Ausrichtung des dünnen Bretts aufgrund des zu flach angelegten Blickwinkels nicht erkennt. Ebenfalls nicht immer optimal ist die Größe des aktuellen Raums, wenn man aufgrund gestreckter Örtlichkeiten den Zusammenhang eines Puzzles nicht erkennt. Dass manchmal selbst simpelste Ausgänge in schlechtem Licht verloren gehen, ist dagegen sicherlich gewollt.
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